In eigener Sache Bertelsmann lässt Geschichte des stern von Historikern aufarbeiten

stern-Gründer Henri Nannen um 1970
stern-Gründer Henri Nannen um 1970
© Heinz Wedewardt / stern
Ein NDR-Beitrag hatte eine Debatte um die Verbindungen von stern-Gründer Henri Nannen zum Nationalsozialismus ausgelöst. Nun lässt der Mutterkonzern Bertelsmann die Vorwürfe unabhängig prüfen.

Bertelsmann lässt die Geschichte des stern vom renommierten Institut für Zeitgeschichte unabhängig durchleuchten. Die Historiker sollen insbesondere den Umgang des früheren Chefredakteurs Henri Nannen (1913-1996) mit dem Nationalsozialismus erforschen.

Der Forschungszeitraum wird die Jahre ab Gründung des stern durch Henri Nannen 1948 bis zu dessen Ausscheiden 1983 umfassen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage nach politischen, personellen und inhaltlichen Verflechtungen und Verbindungen zur Zeit des Nationalsozialismus. Aufbauend auf bereits bestehender Forschung sollen weitergehende Analysen vorgenommen werden, etwa zu Themen, Texten und der Bildsprache des stern. Hierbei soll auch das umfangreiche Bildarchiv einbezogen werden, das 2018 der Bayerischen Staatsbibliothek zur Erschließung übergeben wurde.

Recherchen von "STRG_F" befeuerten Debatte

Im Mai hatte ein Beitrag des Rechercheformats "STRG_F" des Norddeutschen Rundfunks (NDR) mit Details zur Vergangenheit des Ex-stern-Chefredakteurs und Magazininitiators Nannen im Zweiten Weltkrieg eine Debatte angestoßen. Der Nannen Preis für herausragenden Journalismus war daraufhin einmalig als "Stern Preis" verliehen worden.

Zu der jetzt initiierten Untersuchung hieß es weiter, der Vorstand von Bertelsmann habe "in Übereinstimmung und enger Zusammenarbeit mit den beteiligten Tochterfirmen und Institutionen" gehandelt. Dazu zählten die Geschäftsführung von RTL Deutschland, unter dessen Dach der stern seit einem Konzernumbau angesiedelt ist, die stern-Chefredaktion und die Henri-Nannen-Schule für Journalismus.

"Mit der Analyse der stern-Geschichte wollen wir einen Beitrag zur Mediengeschichte der jungen Bundesrepublik ermöglichen", sagt Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe. "Wir freuen uns sehr, das Institut für Zeitgeschichte hierfür als unabhängigen Partner gewonnen zu haben, den wir in seiner Arbeit vorbehaltlos unterstützen werden."

Bertelsmann will "sachliche Grundlage" schaffen

Ziel ist, "eine sachliche Grundlage für die öffentliche Debatte zu schaffen, bereits bestehende Forschungen zu ergänzen und damit den aktuellen Kenntnisstand zur Geschichte des deutschen Journalismus nach 1945 um eine fundierte Analyse zu erweitern". Man setze auf offenen Austausch und Transparenz, so Bertelsmann. "Angedacht ist unter anderem eine wissenschaftliche Tagung, auf der eine erste Bestandsaufnahme vorgenommen werden könnte. Alle für den historischen Forschungsprozess relevanten Quellen werden dem Institut für Zeitgeschichte zur Verfügung gestellt."

Angesiedelt ist die Forschungsarbeit beim stellvertretenden Direktor des Instituts für Zeitgeschichte, Prof. Magnus Brechtken. Dieser gilt als ausgewiesener Experte für die Auseinandersetzung mit dem NS-Erbe.

DPA
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