Die Folgen der Pandemie seien für Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt noch immer spürbar: Zwar seien die Arbeitslosenzahlen nach Jahren der Krise wieder gesunken, gleichzeitig verschärfe sich jedoch die Lage der Langzeitarbeitslosen. Zu diesem Ergebnis kommt das Inklusionsbarometer Arbeit der Aktion Mensch und des Handelsblatt Research Institutes, das in diesem Jahr zum zehnten Mal erscheint. Befragt wurden 800 abhängig beschäftigte Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung sowie 500 Personalverantwortliche in Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitern, die auch Menschen mit anerkannter Schwerbehinderung beschäftigen.
Es liegt an der Haltung der Firmen
Erholung und Fortschritt der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt scheiterten, so die Untersuchung, dabei insbesondere an der Beschäftigungsbereitschaft der Unternehmen. Etwa 173.000 Unternehmen in Deutschland sind gesetzlich dazu aufgefordert, mindestens fünf Prozent ihrer Arbeitsplätze an Menschen mit Behinderung zu vergeben. Während rund 40 Prozent dieser Unternehmen alle Pflichtarbeitsplätze besetzen, beschäftigen fast 26 Prozent keine Arbeitnehmer mit Behinderung und zahlen stattdessen die sogenannte Ausgleichsabgabe.
Diese Haltung sei umso kritischer vor dem Hintergrund der positiven Erfahrungen von Unternehmen zu bewerten, die Menschen mit Behinderung beschäftigen: Danach hätten 80 Prozent keine Leistungsunterschiede zwischen Kollegen mit und ohne Behinderung wahrgenommen. "Die Entwicklung der Inklusion auf dem Arbeitsmarkt hängt entscheidend von der Beschäftigungsbereitschaft der Unternehmen ab. Doch trotz zunehmender Personalengpässe ignorieren viele das Potenzial von Arbeitnehmer*innen mit Behinderung", so Prof. Dr. Bert Rürup, Präsident des Handelsblatt Research Institutes.
Hohes Risiko bei Langzeitarbeitslosigkeit
Einmal auf dem Arbeitsmarkt angekommen, würde die Mehrheit der Angestellten mit Behinderung den Einsatz ihrer Fähigkeiten als adäquat bewerten. Gleichzeitig hätten sich bestehende Arbeitsverhältnisse als stabil erweisen. Vor einem Jahr hätte es mit 19.746 so wenig Anträge auf Kündigung von Menschen mit Behinderung gegeben wie noch nie seit Erscheinen des ersten Inklusionsbarometers.
Sind Menschen mit Behinderung dagegen arbeitslos, zeige sich ein anderes Bild: Im vergangenen Jahr sei lediglich drei Prozent die Rückkehr in den Arbeitsmarkt gelungen, während es bei Menschen ohne Behinderung sieben Prozent waren. Arbeitslose ohne Behinderung hätten eine mehr als doppelt so hohe Chance, eine Anstellung zu finden als Arbeitslose mit Behinderung. Mehr als 80.000 potenzielle Arbeitnehmer, das seien rund 47 Prozent aller arbeitslosen Menschen mit Behinderung, seien mindestens ein Jahr ohne Beschäftigung.