Heute, am Dienstag, ist die erste Ausgabe von GayMag erschienen. Wie geht es Ihnen jetzt, Herr Kocatürk?
Ich war sehr aufgeregt, vor allem letzte Nacht. Es gibt uns seit 2008 als Online-Magazin, schon lange wollten wir ein Print-Heft herausgeben. Jetzt ist es endlich soweit. Bisher hat alles hat gut geklappt - jetzt bin ich ruhiger.
In anderen europäischen Ländern gibt es schon seit Jahrzehnten Gay-Magazine. Warum musste die Türkei bis heute warten?
Bei LGBT-Themen [Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle - Anm. d. Red.] liegen wir ein bisschen hinter Westeuropa zurück. Dort gibt es zum Beispiel schon seit 40 Jahren Gay-Pride-Paraden. In der Türkei haben wir erst vor zehn Jahren damit angefangen.
Wie hoch ist Ihre Auflage?
5000 Stück.

Wollen Sie nichts mehr vom stern verpassen?
Persönlich, kompetent und unterhaltsam: Chefredakteur Gregor Peter Schmitz sendet Ihnen jeden Mittwoch in einem kostenlosen Newsletter die wichtigsten Inhalte aus der stern-Redaktion und ordnet ein, worüber Deutschland spricht. Hier geht es zur Registrierung.
Das ist nicht viel, bei einer Bevölkerung von 77 Millionen.
Klar, es gibt bestimmt viel mehr Homo-, Bi- und Transsexuelle in der Türkei. Aber wir haben keine Ahnung, wie viele es tatsächlich sind und wie viele Ausgaben wir drucken müssen. Wenn es gut läuft, werden wir nächsten Monat vielleicht schon 10.000 rausbringen.
Glauben Sie, manche Menschen könnten Hemmungen haben, im Laden zu einem Gay-Magazin zu greifen?
Das glaube ich nicht. In den letzten Jahren sind allein 10.000 Menschen zu den Pride-Paraden gekommen. Zumindest in den großen Städten sind die Menschen an Homosexuelle gewöhnt. Nur auf dem Land, da könnte es schwieriger sein.
Wie schätzen Sie generell die Situation Homosexueller in der Türkei ein?
Ich glaube, die Lage hat sich schon stark verbessert. Inzwischen gibt es viele Menschen in der Türkei, die gegen die Diskriminierung Homosexueller in Büros, in den Schulen und an den Universitäten kämpfen. Drei Nichtregierungsorganisationen setzen sich für LGBT-Rechte ein. Außerdem unterstützt uns die größte Kurdenpartei. Viele Kurden sind sehr empfänglich für das Thema, weil sie selbst eine Minderheit ist, die unter Diskriminierung leidet.
Cover-Star der ersten GayMag-Ausgabe ist die US-Sängerin Mariah Carey, im Magazin gibt es ein Interview mit ihr. Wie kam es dazu?
Vor ein paar Monaten haben wir ihren Manager kontaktiert, und er sagte, Mariah Carey wolle uns unbedingt unterstützen. Das war sehr wichtig für uns, und es hat mich sehr gefreut - ich bin einer ihrer größten Fans! Ich bin mit ihren Liedern aufgewachsen, wie viele Homosexuelle. Ich habe das Interview mit ihr über Skype geführt. Sie war unheimlich nett.
Worum geht es ansonsten in Ihrem Heft?
Kultur, Lifestyle, Mode, Musik, Alltagsthemen.
Abgesehen von kommerziellen Zielen, was erhoffen Sie sich von dem Magazin?
Wir wollen mehr Aufmerksamkeit und Akzeptanz für die Belange von Homo-, Bi- und Transsexuellen erreichen. Als nächstes planen wir ein Event, auf dem wir einen Preis an eine prominente Person übergeben, die die LGBT-Community unterstützt.
Haben Sie schon erste Reaktionen auf das Magazin bekommen?
Ja, viele Leute haben uns E-Mails geschrieben und ihre Gefühle mit uns geteilt. Ein Teenager, vielleicht 16 Jahre alt, hat uns heute sogar angerufen. Er sagte, er lebt auf dem Land in einem kleinen Dorf, wo es das Magazin nicht gibt, deshalb hat er uns gebeten, es ihm per Post zu schicken. Das hat mich sehr beeindruckt.