Gerichtsstreit um Wohnungskündigung Der rauchende Revoluzzer von der Düssel

Weil er zu viel rauchte, wurde Friedhelm Adolfs nach 40 Jahren die Wohnung gekündigt. Seitdem ist der Rentner zu einer regionalen Berühmtheit aufgestiegen. Nun tritt er vor Gericht auf.

Es sind aufregende Tage für Rentner Friedhelm Adolfs. Und das liegt nicht an seinem 75. Geburtstag. Den feierte er am Dienstag nur im kleinen Kreis mit Tochter, Enkel und ein paar Bekannten in seiner kleinen Düsseldorfer Wohnung. Es gab Kuchen und danach eine Zigarette - oder auch zwei. Die passende Vorbereitung für Adolfs' großen Auftritt am kommenden Tag.

Denn um den Zigarettenqualm in Friedhelm Adolfs' Wohnung geht es am Mittwoch im Amtsgericht Düsseldorf in Saal E127. Die Verhandlung (AZ: 24 C 1355/13) wurde extra in einen größeren Saal verlegt, der viel Platz bietet für all die Journalisten, die dabei sein wollen, wenn der Kettenraucher auf seinen Richter trifft.

Eine rauchende Berühmtheit

Friedhelm Adolfs, der rauchende Rentner, ist in den vergangenen zwei Wochen zu einer regionalen Berühmtheit geworden. Seitdem bekannt wurde, dass man Adolfs aus der Wohnung schmeißen will, weil der Zigarettenqualm im Haus unerträglich sein soll. "Seit 40 Jahren wohne ich hier, 36 Jahre habe ich den Hausmeister gemacht", sagt Adolfs stern.de. Etwa 20 Zigaretten rauche er am Tag.

Die Vermieterin beklagt, dass Adolfs den Rauch seit einiger Zeit nicht mehr durchs Fenster, sondern durch den Hausflur entlüfte. Das sei für die Hausnachbarn unzumutbar. Adolfs entgegnet, wenn zu viel Qualm in den Flur ziehe, dann liege das an dem ollen Holzrahmen seiner Wohnungstür: "Die Tür ist nicht dicht." Nach mehreren vergeblichen Abmahnungen kam die Kündigung.

Adolfs wollte das nicht hinnehmen, doch der zuständige Amtsrichter verweigerte ihm die Prozesskostenhilfe - wegen der geringen Erfolgsaussichten. Das Landgericht hob die Entscheidung auf, sodass Adolfs nun seine Verhandlung bekommt. Die leitet pikanterweise genau jener Amtsrichter, mit dem der Zigarettenliebhaber schon das Vergnügen hatte. "Mal gucken, wie der Richter so drauf ist", sagt Adolfs. Ein Urteil wird einem Gerichtssprecher zufolge für Mittwoch noch nicht erwartet.

Ehrengast beim Bürgermeister

Solidarischer Unterstützung der Rauchergemeinde in Nordrhein-Westfalen kann sich Friedhelm Adolfs jedenfalls gewiss sein. In NRW gilt seit 1. Mai ein rigoroses Rauchverbot in Kneipen. Die Gegner des Verbots haben den Rentner-Revoluzzer nun auf ihr Schild gehoben, um gegen die vermeintliche Diskriminierung der qualmenden Bevölkerung zu protestieren. Verschiedene Raucherinitiativen luden den Senioren als Ehrengast ein, um auf Kundgebungen zu sprechen. Der Neusser Bürgermeister Herbert Napp ("der Vesuv von Neuss"), der gegen das Rauchverbot in seinem Dienstzimmer kämpft, qualmte mit Adolfs demonstrativ vor Fotografen in seiner Amtsstube. Nur Helmut Schmidt hat noch nicht angerufen.

Friedhelm Adolfs ist plötzlich an die Frontlinie im großen gesellschaftlichen Konflikt zwischen Rauchern und Nichtrauchern geraten. Wenn man mit ihm spricht, hat man das Gefühl, dass ihn das mittlerweile selbst amüsiert. "Notfalls gehe ich bis zum Bundesverfassungsgericht", sagt Adolfs.

Friedhelm Adolfs raucht seit 60 Jahren, aufhören kommt selbstverständlich nicht in Frage. Auch seine Frau war starke Raucherin. Sie starb vor einigen Jahren an Krebs.

Gregor Peter Schmitz mit den Buchstaben GPS

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Der Autor Daniel Bakir auf Google+