stern-Chefredakteur "Die Kälte des vermeintlichen 'Mia san Mia'-Vereins FC Bayern lässt einen frösteln" – Gregor Peter Schmitz über den aktuellen stern

stern-Titel: Die besseren Ärzte
Die aktuelle stern-Titelgeschichte: Warum Frauen die besseren Ärzte sind – und es mehr Ärztinnen in Spitzenpositionen braucht
© stern
Frauen in der Medizin, die Doch-noch-Meisterschaft der Bayern und neue Entwicklungen im Krimi um Tengelmann-Milliardär Karl-Erivan Haub: Chefredakteur Gregor Peter Schmitz über den neuen stern.

Liebe Leserin, lieber Leser,

mein Vater hat als Arzt gearbeitet, zu einer Zeit, als Ärzte Halbgötter in Weiß waren, mit der Betonung auf Götter. Halbgöttinnen in Weiß waren noch nicht vorgesehen, Frauen in den Führungspositionen von Krankenhäusern oder Arztpraxen so gut wie unerwünscht.

Weil mein Vater zum Glück vieles war, aber gewiss kein typischer Halbgott, fiel ihm dies rasch auf. Immer wieder erzählte er daheim, dass es zwar viele gute junge Assistenz- und Oberärzte gebe, aber die allerbesten seien so gut wie immer: Frauen. Er versuchte, viele von ihnen zu fördern, musste aber auch feststellen: So einfach war das gar nicht. Leider ist das so geblieben. Scharen von jungen, bestens ausgebildeten Frauen wollen Ärztinnen werden, ihre Leistungen sind erstklassig, oft gar die besten, wovon Patientinnen ebenso wie Patienten profitieren. Doch meine Kollegin Nicole Simon hat für unsere Titelgeschichte recherchiert, dass Medizinerinnen auf ihrem Weg nach oben immer noch an die berühmte "gläserne Decke" stoßen, sie werden oft übergangen und ausgebremst. Das muss sich ändern. Weil es unfair ist – und weil es unser aller Gesundheit schadet.

Bayerns Doch-noch-Meisterschaft

Woran erkennt man, dass die Führung eines Fußballvereins endgültig gar nichts mehr auf die Reihe bekommt? Wenn diese Führung es schafft, dass Menschen quer durch die Republik Mitleid mit Oliver Kahn bekommen. Kahn, Torwart-Titan und zuletzt wenig titanenhafter Vorstandschef bei den Bayern, hat seine ganze Karriere lang jede Menge Emotionen ausgelöst, nur eine ganz selten: Mitleid. Selbst nach seinem Riesen-Fehlgriff im WM-Finale 2002 wollte man Kahn kaum trösten, zu verbissen wirkte er oft, auch zu arrogant.

Noch im vergangenen Jahr verkündete er bei der Meisterfeier der Bayern, die Konkurrenz könne sich jede "Hoffnung abschminken", jemals am Saisonende ganz vorn in der Tabelle zu rangieren. Doch dass Kahn, wie Minuten nach der Doch-noch-Meisterschaft seiner Bayern per Eilmeldung publik, von den Clubgewaltigen rund um Ehrenpräsident Uli Hoeneß gekündigt und sogar von der Meisterfeier ausgeladen wurde, lässt über die Kälte des vermeintlichen "Mia san mia"-Vereins frösteln. Was es bedeutet, dass Hoeneß wieder der starke Mann beim FC Bayern ist, lesen Sie im aktuellen stern.

Neues im Tengelmann-Krimi

Wir Journalisten erwecken gern den Eindruck, in unseren Recherchen gehe es immer um Leben und Tod. Manchmal stimmt das sogar, wie bei der Titelgeschichte, die meine Kollegin Liv von Boetticher zusammen mit Matthias Bolsinger und Félice Gritti vorige Woche im stern veröffentlicht hat. Ihre exklusiven Recherchen gingen der Frage nach, ob der nach seinem Verschwinden 2018 am Matterhorn offiziell für tot erklärte ehemalige Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub tatsächlich tot ist – oder doch noch am Leben sein könnte, und zwar in Moskau.

Boetticher hatte neue Hinweise erhalten, darunter Fotos aus Moskau, die möglicherweise belegen könnten, dass Haub Anfang 2021 noch lebte. Dazu hatte sie Informationen über Zahlungen des Bruders und aktuellen Tengelmann-Chefs Christian Haub an zwei interne Ermittler, die den Tod Karl-Erivan Haubs untersucht hatten und beweisen wollten, dass er noch lebt. Diese Zahlungen waren nach Informationen aus Tengelmann-Kreisen eine erfolgsabhängige Vergütung. Muss die Todeserklärung also aufgehoben werden, was Auswirkungen auf die Übernahme der Unternehmensanteile durch seinen Bruder Christian haben könnte? "Ob die Unterlagen uns Anlass geben werden, nach den Vorschriften des Verschollenheitsgesetzes die Aufhebung der Todeserklärung beim Amtsgericht Köln zu beantragen, wird nun geprüft", teilte eine Sprecherin dieses Gerichts auf Anfrage des stern mit. Wir werden Sie informieren, wie dieser Milliarden-Krimi weitergeht.

Erschienen in stern 23/2023