Frau Wellmer, Sie beschreiben in Ihrem Buch, wie zwei alte Freundinnen von Ihnen Menschen aus Ostdeutschland anhand bestimmter Schwingungen erkennen. Wie funktioniert das?
Die beiden sagen, dass sie spezielle Vibes anderer Ostdeutscher spüren können. Man erkennt sich. Und das liegt nicht daran, dass alle Sächsisch sprechen! Es sind irgendwelche Kleinigkeiten, Worte, Gesten, so was ... Mir ist diese Fähigkeit wohl weitgehend abhandengekommen.
Offenbar gibt es aber weiter klare Zeichen einer ostdeutschen Herkunft. Etwa, wenn jemand auf der Tanzfläche "Kling Klang" von Keimzeit mitsingt.
Lustigerweise habe ich immer angenommen, "Kling Klang" wäre jedem ein Begriff. Im Osten kennt das Stück in meiner Generation jede. Unter den Westdeutschen in meinem Bekanntenkreis kennen es nur die, die mal eine Zeit im Osten gelebt haben. Keimzeit markiert offenbar eine Grenze.
Werden solche Unterschiede spätestens bei Ihren Kindern verschwinden?
Die haben wenig bis kein Bewusstsein für Ost-West-Fragen. Ich muss mit denen bald darüber reden, dass es außerhalb ihrer Blase noch andere Dinge gibt. Ostdeutsche Kollegen haben mir schon zur Geburt unseres ersten Kindes ein dickes Paket mit DDR-Kinderliteratur geschenkt. Die Botschaft: Bitte nimm das an. Es soll nicht ganz verschwinden.