Flugzeuge und PKWs gehören laut dem Umweltbundesamt zu den klimaschädlichsten Transportmitteln. Die Verbrennung von Kraftstoffen im Straßenverkehr verursacht mehr als die Hälfte aller Emissionen, berechnet unter anderem das Statistische Bundesamt. Klar ist: Soll die Erderwärmung begrenzt und das 1,5 Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens eingehalten werden, muss der Ausstoß der Treibhausgase gebremst werden. In Deutschland bemühen sich Politikerinnen und Politiker deshalb schon seit Jahren um eine Verkehrswende – mit mäßigem Erfolg.
Das Auto ist immer noch das beliebteste Transportmittel der Deutschen. Laut dem jüngsten Bericht des Statistischen Bundesamtes geht der Trend sogar in Richtung Zweit- oder Drittwagen. Daran ändert auch der CO2-Preis nichts, der die Kosten für Benzin seit Beginn des Jahres um 26 Cent erhöht hat. In Sachen klimafreundlicher Verkehr tritt Deutschland weiter auf der Stelle.
Anders sieht es in Österreich aus. Die Alpenrepublik zeigt, wie die Verkehrswende gelingen könnte und hat vergangene Woche das Klimaticket eingeführt. Mit dem Jahresticket können die Bürgerinnen und Bürger ab dem 26. Oktober alle öffentlichen Verkehrsmittel im ganzen Land nutzen – Schienen- und Linienverkehr in den Städten inklusive. Kosten soll das Billet 1095 Euro pro Jahr, im Vorverkauf ist das Ticket ermäßigt für 949 Euro zu haben. Rabatte gibt es zudem für alle unter 26-Jährigen, Studierende, Senioren und Menschen mit Behinderung. Die Netzkarte soll den Umstieg vom Auto zu Bahn und Bus erleichtern.
Abstriche bei der Umsetzung
"Ich glaube, man sieht es mir an, wie sehr ich mich freue: Das ist ein großer Tag für das Klima und für den Verkehr", sagte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) bei einer Pressekonferenz. 15 Jahre habe die Idee in den Parteiprogrammen gestanden. Erst der diesjährige Sommer habe gezeigt, dass der Klimawandel auch in Österreich angekommen ist.
Bei der Umsetzung des Tickets musste die Umweltministerin allerdings von ihrem eigentlichen Plan abweichen. Ursprünglich wollte Gewessler Jahreskarten für ein Bundesland und für ganz Österreich für jeweils ein und drei Euro pro Tag anbieten. Vorgesehen war ein Dreistufen-Ticket. Während das bundesweite Ticket diesem Plan entspricht, werden fast alle Landestickets mehr kosten. Nur in Wien kommt man mit 365 Euro aus. Das österreichweite Klimaticket soll mit 150 Millionen Euro aus Steuergeldern finanziert werden. Weitere 100 Millionen seien für die Finanzierung der Netzkarte in den Bundesländern vorgesehen.
Dem Klimaticket waren zähe Verhandlungen zwischen den neun Bundesländern vorausgegangen. Bereits im August hatten die westlichen und südlichen Regionen dem neuen Verkehrskonzept zugestimmt. Nur der Osten haderte. Grund waren Streitigkeiten des Verkehrsbunds Ostregion (Vor), der die mit Abstand größte Pendlerregion im Land abdeckt. Der Verbund befürchtete massive Einbußen bei den Einnahmen. Vergangene Woche verkündete das Unternehmen jedoch, sich ebenfalls an der Aktion zu beteiligen. Nun sei ihr "Herzensprojekt" komplett, so Umweltministerin Gewessler.
Klimafreundlicher Nachbar?
Neben dem österreichischen Klimaticket wurde am vergangenen Sonntag ein weiteres klimapolitisches Großprojekt beschlossen. Die türkis-grüne Regierung einigte sich auf eine ökologische Steuerreform. Ab Juli 2022 kostet eine Tonne CO2 30 Euro, bis 2025 soll der Preis auf 55 Euro steigen. Einen Teil der Einnahmen will die Regierung allerdings an die Bürgerinnen und Bürger zurückzahlen.
Hintergrund sind die steigenden Emissionen in der Alpenrepublik. Zwar liegt der Anteil an erneuerbaren Energien in Österreich mit 70 Prozent höher als in Deutschland – hier soll die Stromversorgung bis 2025 zu 45 Prozent aus grünen Quellen kommen. Gleichzeitig hat Österreich aber ein massives Problem mit steigenden Emissionen im Straßenverkehr. Neben der CO2-Bepreisung erhofft sich die Regierung mit dem Klimaticket, Pendlerinnen und Pendler vom Auto in die Öffis zu locken und so die Klimabilanz zu verbessern.
Verglichen mit deutschen Angeboten im öffentlichen Nah- und Fernverkehr ist das Klimaticket günstig. Die Bahncard 100 kostet über 4000 Euro im Jahr – deckt aber nur einen Teil des Liniennetzes in ausgewählten Städten ab. Das 365-Euro-Jahrestickt wird hierzulande ebenfalls schon seit Jahren diskutiert. Zuletzt hatte sich der Verband der Verkehrsunternehmen in einem Positionspapier dafür stark gemacht und als Beispiel die Stadt Wien angeführt.
Umgesetzt wurde es bisher in Augsburg. Dort profitieren Schülerinnen und Schüler, Studierende und Auszubildende von dem ermäßigten Ticket. Dass die deutschen Pendlerinnen und Pendler künftig von einer Preissenkung profitieren werden, ist aber eher unwahrscheinlich. Erst vergangene Woche hatte die deutsche Bahn angekündigt, die Ticketpreise im Dezember um 1,9 Prozent anheben zu wollen.
Quellen: Klimaticket.at, "Wiener Zeitung", "Der Standard", ORF