Kölner Neujahrsnacht Wie fünf Syrer eine Studentin an Silvester retteten

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Über 700 Frauen wurden an Silvester in Köln Opfer sexueller Übergriffe. So auch Caitlin Duncan. Die Studentin aus den USA war in der Nacht zusammen mit ihrem deutschen Freund Sebastian Samer am Hauptbahnhof. Sie hatten Weihnachten bei Samers Familie in der Nähe von Köln verbracht und wollten an Neujahr in der Metropole feiern.
Als sie gegen 23.30 Uhr am Bahnhof ankommen, verlieren sie einander im Menschengedränge am Eingang:
 
Caitlin Duncan
„Nachdem wir getrennt wurden, versuchte ich erst einmal durch die Masse rauszukommen. Viele Menschen versuchten in das Gebäude rein- und rauszugehen. Jemand riss mir meine Mütze vom Kopf. Und jemand zog mir an den Haaren und versuchte mir in die Taschen zu greifen. Als ich meine Mütze wieder aufsetzen wollte, hat mich jemand anders gepackt und versucht meinen Hals zu küssen.“
 
Die 27-Jährige wehrt sich und kann sich aus dem Griff befreien. Sie bittet einen Polizeibeamten in gebrochenem Deutsch um Hilfe. Zu dieser Zeit versuchen die Beamten den Bahnhofsplatz zu räumen. Der Polizist kann der jungen Frau nicht helfen.
 
Zur gleichen Zeit sind fünf Syrer am Hauptbahnhof. Hesham Ahmad Mohamad, ein Grundschullehrer aus Aleppo, verbringt mit vier Freunden Silvester in Köln. Die fünf Flüchtlinge wurden in unterschiedlichen Städten in Deutschland untergebracht. Sie treffen sich in Köln, weil die Stadt für alle gut erreichbar ist, erzählt Mohamad dem stern. Doch die Situation vor Ort ist chaotisch.
 
Der 32-Jährige und seine Freunde werden auf Caitlin Duncan aufmerksam, die allein auf dem Vorplatz steht und weint:
 
Caitlin Duncan:
„Erst hat mich Omar auf Deutsch angesprochen, doch das hat nicht so gut funktioniert. Hesham konnte gut Englisch. Ich erzählte ihm, was mir passiert ist und er versprach mir zu helfen. Sie boten mir an, mir ein Taxi zu bezahlen, falls ich Sebastian nicht finde. Dann formten sie einen Kreis um mich und halfen mir ihn in der Menge zu suchen.“
 
Zusammen finden sie ihn nicht. Also teilen sie sich auf, um an verschiedenen Plätzen zu suchen. Nach etwa einer Stunde finden sie ihn wieder:
 
Sebastian Samer:
„Es war eine Riesenerleichterung, das letzte was ich von ihr gesehen habe ist, dass sie weggeschwemmt wurde in den Mengen, sie ist ja auch recht klein ja...“
 
Das Paar macht Fotos mit den Rettern. Auch in den Tagen danach bleiben sie in Kontakt mit Mohamad. Duncan verflogt die Berichte über die Ereignisse in Köln. Dass Migranten unter Generalverdacht geraten, bedrückt sie. Deshalb entscheidet sie sich ihre Geschichte zu erzählen:


Caitlin Duncan
„An dem Abend gab es sicher Migranten oder Flüchtlinge, die andere Menschen angegriffen haben. Aber es gab eben auch Menschen mit dem gleichen kulturellen Hintergrund, die versucht haben zu helfen.“
Die Geschichte beginnt wie viele andere der Silvesternacht in Köln. Eine Frau ist allein in der Masse, Männer fassen sie an und bedrängen sie. Doch dann bekommt sie unerwartet Hilfe.