Diagnosen werden heute schnell mal großzügig verteilt. Da ist der Ex-Freund ein Narzisst, der Chef toxisch und der Kollege irgendwie autistisch. Ärgert Sie so etwas?
Die Diagnostik sollte man schon den Fachleuten überlassen. Trotzdem ist es gut, dass wir anfangen, uns als Gesellschaft mehr mit psychischen Störungen zu beschäftigen. Wir schauen eher hin, wenn jemand leidet. Betroffene finden heute zum Glück viel leichter die Hilfe, die sie brauchen, und stoßen auf mehr Verständnis. Noch vor einigen Jahren hätte kaum jemand öffentlich von seiner Erkrankung gesprochen.
Jetzt kommt ein Aber, oder?
Tatsächlich gibt es eine Kehrseite. Durch die übermäßige Verwendung von Begriffen aus der Klinischen Psychologie und der Psychiatrie können Krankheiten leicht bagatellisiert werden. Und eine zu starke "Selbstaufmerksamkeit" führt eher zu Verunsicherung als zu einem fürsorglichen Umgang mit der eigenen Psyche.