Im Schwarzwald Deutschlands Archivbunker hält am Mikrofilm fest

Seit 50 Jahren werden im Archivbunker Mikrofilme eingelagert. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa
Seit 50 Jahren werden im Archivbunker Mikrofilme eingelagert. Foto
© Philipp von Ditfurth/dpa
Im Barbarastollen ruht Deutschlands Gedächtnis: Mikrofilme trotzen Detonationen und digitalem Wandel. Welche Geheimnisse birgt der Berg für künftige Generationen?

Es war über Jahrzehnte ein gut gehütetes Geheimnis: Im Schwarzwaldberg Schauinsland nahe Freiburg lagern Millionen Mikrofilme mit Ablichtungen von historischen Dokumenten aus der deutschen Geschichte. 

Tief im Berg sind die Behälter des Langzeitarchivs sicher vor Kriegen, Unglücken oder Sabotage. Die Filme werden in einem früheren Bergwerkstollen in den luftdicht verschlossenen Edelstahlfässern aufbewahrt. Unter den abgelichteten Dokumenten sind etwa Noten des Komponisten Ludwig van Beethoven und das Grundgesetz aus dem Jahr 1949. 

"Das kulturelle Erbe muss im Verteidigungsfall geschützt werden", sagte der Präsident des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Ralph Tiesler, in Oberried (Kreis Breisgau-Hochschwarzwald). Er erinnerte daran, dass die Behälter seit 50 Jahren im sogenannten Barbarastollen eingelagert werden. 

Warum werden Filme im Bergwerkstollen aufbewahrt? 

Die Idee stammt aus Zeiten des Kalten Kriegs, bei dem sich West und Ost feindlich gegenüberstanden. Der Stollen liegt abgelegen im Wald. Selbst die Bewohner Oberrieds wussten lange nicht, was dort gelagert wurde, erinnerte sich ein Mitarbeiter des Bundesamts. 

Erst seit rund 20 Jahren ist die Öffentlichkeit über den Archivbunker in schönster Schwarzwaldlandschaft informiert. Neuerdings gibt es am Eingang ein Schild, der auf den sogenannten zentralen Bergungsort Deutschlands hinweist. Die einzige Zugangsstraße ist aber geheimnisvoll als "Privatweg" gekennzeichnet - mit einem Zutrittsverbot für Unbefugte. 

Warum werden die Dokumente auf Mikrofilm abgelichtet? 

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Auch die Technik ist ein Erbe der Vergangenheit. "Man kann die Filme aus der Tonne nehmen, sie ans Licht halten und lesen", sagte Behördenchef Tiesler. Das sei in Katastrophenfällen ein großer Vorteil. 

Es gibt aber einen Haken: Mikrofilme werden auf dem Markt langsam knapp. Eine Umstellung auf digitale Speicherung läuft bereits - doch nach Oberried kommen weiter nur Mikrofilme. Ein neuer Behälter enthält Dokumente vom rheinischen Karneval und der alemannischen Fastnacht. 

Der Präsident des Bundesarchivs, Michael Hollmann, sagte am Rande, der Mikrofilm sei eine auslaufende Technik. Der Weg gehe zur Digitalisierung. Der Vorteil: Dokumente seien über das Internet für alle Nutzerinnen und Nutzer zugänglich. 

Wie ist der Barbarastollen geschützt? 

Der Barbarastollen steht laut Behörde als bundesweit einziges Objekt unter Sonderschutz nach den Regeln der Haager Konvention. Das internationale Abkommen wurde 1954 für den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten vereinbart. 

Der Hauptstollen führt 680 Meter durch Gneis und Granit in das Innere des Schwarzwaldbergs. Die Archivgänge mit den Edelstahlbehältern sind mit dicken Stahltüren geschützt. "Dieser Ort kann schwersten Detonationen widerstehen", sagt ein Mitarbeiter des Bundesamts. 

Dokumente aus vielen Jahrhunderten 

Im Stollen schlummern Kopien von Dokumenten, die eine hohe nationale oder kulturhistorische Bedeutung haben. Zu ihnen zählen eine Schenkungsurkunde Karls des Großen an ein Kloster aus dem Jahr 794, der Vertragstext des Westfälischen Friedens von 1648, Handschriften des Komponisten Johann Sebastian Bach sowie die Baupläne des Kölner Doms. Insgesamt gibt es über eine Milliarde Ablichtungen von Dokumenten. Das Filmmaterial ist für mindestens 500 Jahre lagerfähig, wie das Bundesamt berichtete.

dpa