Bei der Reform der Amtsgerichtsstruktur in Schleswig-Holstein sollen fast alle Amtsgerichte erhalten bleiben. Wie das Justizministerium in Kiel mitteilte, bleiben voraussichtlich 21 von 22 Gerichten im Land bestehen. Dies empfiehlt der zuständige Lenkungsausschuss. Den Angaben nach könne durch die geplanten Neuerungen bis 2040 ein zweistelliger Millionenbetrag eingespart werden.
"Nach intensiven Prüfungen schlagen wir Maßnahmen vor, die weiterhin eine gute Erreichbarkeit der Amtsgerichte in der Fläche ermöglicht und dennoch deutliches Einsparpotenzial beinhalten", sagte der Präsident des Oberlandesgerichts, Dirk Bahrenfuss. Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU) danke allen Beteiligten aus der Justiz für die Ausarbeitung der Reformvorschläge.
Welche Maßnahmen sind geplant?
Den Angaben des Justizministeriums nach wird das Amtsgericht Reinbek mit Auslaufen des Mietvertrages zum 31. Dezember 2029 aufgelöst. Sein Bezirk soll mit dem des Amtsgerichts Ahrensburg zusammengelegt werden, wobei auch das Gericht in Schwarzenbek einbezogen werde.
Für das Amtsgericht Ahrensburg ist laut dem Ministerium eine Sanierung während des laufenden Betriebs geplant. Das Amtsgericht Pinneberg bleibe zudem bestehen, jedoch würden Teile seiner Zuständigkeit nach Itzehoe und Elmshorn verlagert. Dadurch könne eine kleinere und kostengünstigere Immobilie genutzt werden.
Das Amtsgericht Norderstedt soll innerhalb der Stadt an einen neuen Standort ziehen, wodurch die Sanierungskosten des bisherigen Gebäudes entfielen. Für das Amtsgericht Niebüll würden zunächst alternative Standorte geprüft, bevor eine Entscheidung fällt. Eine Zusammenlegung der Gerichte in Rendsburg und Eckernförde werde ebenso nicht weiter verfolgt, hieß es.
Das Ministerium will die Reform auf Grundlage der Vorschläge weiterentwickeln, damit das Kabinett sie bis Ende 2025 beraten kann. Im Jahr 2026 soll dann das Landesjustizgesetz entsprechend geändert werden.

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Kritik vom Richterverband
Die Vorsitzende des Schleswig-Holsteinischen Richterverbandes kritisierte, die bisherigen Planungen seien an den Beschäftigten vorbeigegangen. "Hier wäre mehr Transparenz angebracht gewesen", betonte Christine Schmehl.
Zu keinem Zeitpunkt sei klar gewesen, wie stark der Landeshaushalt bei den Justizausgaben entlastet werden solle. Schmehl sagte: "Damit wurde zu einem Marsch ohne eindeutiges Ziel aufgerufen, was die Beschäftigten verunsichert hat."
Auch zur baulichen Situation blieben viele Fragen offen. Noch immer sei unklar, wie der seit Jahren bestehende Sanierungsstau bei den meisten Gerichts- und Staatsanwaltschaftsgebäuden im Norden behoben werden solle. Die Reform verschiebe eine Lösung dieses Problems "weiter in die Zukunft", erklärte die Vorsitzende.
FDP fordert Rücknahme der Reform
"Wenn von 22 Amtsgerichten 21 bestehen bleiben, kann von Reform keine Rede sein", bemängelte der FDP-Abgeordnete Bernd Buchholz. "Mit dieser Strukturreform wird die Ministerin keinen Cent sparen, aber die Unruhe in der Justiz weiter befeuern." Daher forderte er eine Rücknahme der Reform und mehr Digitalisierung für die Justiz.
"Eine wohnortnahe, gerichtliche, erstinstanzliche Versorgung ist ein essenzieller Baustein unserer Demokratie", erklärte zudem der SPD-Abgeordnete Marc Timmer. Da sich durch die Reform nicht viel ändere, könnten so für zahlreiche Mitarbeitende in der Justiz Wohnortwechsel oder lange Fahrtwegen vermieden werden. Der Wegfall des Standortes in Reinbek sei allerdings ein Verlust für die Region.