Die drei Oppositionsfraktionen im hessischen Landtag haben zum Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zur Entlassung einer Wirtschaftsstaatssekretärin jeweils Sondervoten abgegeben. Der Bericht der schwarz-roten Regierungskoalition zeige, dass nichts aus früheren Fehlern gelernt wurde, erklärte der Grünen-Fraktionsvorsitzende Mathias Wagner in Wiesbaden. Das Papier sei einseitig und diskreditiere weiter die ehemalige Staatssekretärin Lamia Messari-Becker - anstatt den Auftrag des Gremiums zu erfüllen und über das Handeln der Landesregierung aufzuklären.
Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) hatte im Juli 2024 die Entlassung seiner Staatssekretärin Messari-Becker mit einem "nicht hinnehmbaren Fehlverhalten" im Privatleben begründet, ohne dies öffentlich zu erklären. Tatsächlich warf er der Bauphysik-Professorin insbesondere vor, in einem Elterngespräch am Gymnasium ihrer Tochter mit ihrer Position als Staatssekretärin Druck ausgeübt zu haben – für eine bessere Abiturnote. Messari-Becker wies dies als falsch zurück, sie wehrte sich mit Anwälten dagegen und sprach von Rufschädigung.
AfD-Fraktion: Minister hat Fürsorgepflicht verletzt
"Ungeachtet der Tatsache, dass sich ein Teil der Vorwürfe gegen Frau Messari-Becker erhärtet haben, ist der Umgang von Minister Mansoori mit dieser Angelegenheit als unprofessionell und eines Landesministers nicht würdig zu bewerten", teilte der Obmann der AfD-Fraktion im Untersuchungsausschuss, Klaus Gagel, mit. Der Minister habe seine Fürsorgepflicht verletzt und ihr nicht die notwendigen Rahmenbedingungen zur Erfüllung ihres Amtes gegeben.
Sondervoten werden kommenden Montag Thema im U-Ausschuss
Der Obmann der FDP-Fraktion, Oliver Stirböck, kritisierte: "Die Koalitionsfraktionen versuchen in ihrem Bericht, den Untersuchungsausschuss zum Verhalten vom Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori umzufunktionieren in einen Untersuchungsausschuss zum Charakter der entlassenen Staatssekretärin." Untersuchungsauftrag sei aber der administrative und politische Umgang mit der Entlassung gewesen.
Die Sondervoten sollen bei der nächsten Sitzung am kommenden Montag im Ausschuss besprochen werden. Die abschließende Beratung des Berichts mitsamt der Sondervoten ist im Landtagsplenum im Dezember geplant.
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SPD: "Verschwendung von Zeit und Geld"
SPD-Obfrau Lisa Gnadl kritisierte, der Ausschuss sei insbesondere für die Grünen-Fraktion "immer nur das Vehikel für einen heil- und hoffnungslosen Versuch der parteipolitischen Profilierung" gewesen. Einen aufklärungsbedürftigen Sachverhalt habe es nie gegeben. Die SPD-Fraktion habe den Untersuchungsausschuss "deswegen von Anfang an für eine Verschwendung von Zeit und Geld gehalten – eine Einschätzung, die sich im Verlauf der Ausschussarbeit bestätigt hat", ergänzte Gnadl.