Genau 38 Mal. So oft hat der Angeklagte seinen Bekannten mit einem großen Filetiermesser attackiert – dieser lag betrunken, halb schlafend auf dem Sofa. "Das Opfer hatte keine Chance mehr aufzustehen. Kein Stich ging daneben", sagte Richter Holger Schütt vom Landgericht Rostock, der wegen des Mordes am 17. Dezember 2024 einen 48-Jährigen zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilte.
Die Kontakte des Angeklagten waren laut Gericht nahezu alle aus dem Alkoho-, Drogen- und Obdachlosen-Milieu. Der 48-Jährige selbst hatte seit 2020 eine Zweizimmerwohnung, in der er Bekannte und Freunde übernachten ließ. Dabei kam es regelmäßig zu Trinkgelagen, auch Amphetamine und Ecstasy wurden konsumiert.
So war es auch im Dezember 2024, als zwei Bekannte in der Wohnung übernachteten. Nur dass sich in den Tagen vor der Tat in der Nacht zum 17. Dezember deutliche Spannungen aufgebaut hatten. Die mittlerweile nicht mehr willkommenen Übernachtungsgäste wollten Geld, machten dem 48-Jährigen haltlose Unterstellungen und drohten ihm mehr oder weniger unverhohlen.
"Das ist jetzt mein Platz"
Ein Schlichtungsgespräch scheiterte am Abend des 16. Dezember. Der 48-Jährige ließ sich an diesem Abend sogar aus seiner eigenen Wohnung vom Rettungsdienst abholen, nur um der Situation zu entfliehen. Auch die Polizei war damals vor Ort. Bevor ihn die Rettungskräfte mit in die Klinik nahmen, nahm er laut Gericht noch einen kräftigen Schluck Erdbeerlikör aus einem 0,5-Liter-Becher. Auch die Bekannten mussten danach die Wohnung verlassen, wurden aber schon kurz darauf von einer Freundin, die einen Schlüssel hatte, wieder zum Übernachten in die Wohnung rein gelassen.
Davon wusste der Angeklagte nichts, als er sich später aus der Klinik selbst entließ und zurück zu seiner Wohnung ging. Zu seiner Überraschung fand er dort einen der Männer schlafend auf seiner Couch. Er rauchte zunächst eine Zigarette in der Küche, weckte dann seinen Bekannten und forderte ihn auf, das Sofa zu räumen. Doch der beschimpfte ihn nur und sagte: "Das ist jetzt mein Platz." Dann spuckte er wohl noch aus, drehte sich um und wollte weiterschlafen.
Daraufhin griff der Angeklagte zum Messer und stach mit einer 19,5 Zentimeter langen Klinge 38 Mal auf den Mann ein, 37 Mal in den Hals- und Brustbereich. Er habe seinen Bekannten planvoll und absichtlich töten wollen. "Das war Mord", befand der Richter. Die Rechtsmedizin bewertete die Tat als massive "Übertötung".
Wollen Sie nichts mehr vom stern verpassen?
Persönlich, kompetent und unterhaltsam: Chefredakteur Gregor Peter Schmitz sendet Ihnen jeden Mittwoch in einem kostenlosen Newsletter die wichtigsten Inhalte aus der stern-Redaktion und ordnet ein, worüber Deutschland spricht. Hier geht es zur Registrierung.
Angeklagter rief selbst die Polizei
Das Opfer wurde mit dem Messer in der Brust aufgefunden. Die Kammer sah bei der Tat das Mord-Merkmal der Heimtücke erfüllt. Für das Opfer sei der Angriff völlig unerwartet und überraschend gekommen. Der auf der Seite liegende Geschädigte sei in seiner Abwehrfähigkeit beeinträchtigt gewesen, und darauf sei es dem Angeklagten auch angekommen.
Der 48-Jährige habe zur Tatzeit einen Alkoholwert von zwei Promille gehabt, sei aber voll einsichts- und steuerungsfähig gewesen. Das sei auch daran zu sehen, dass er selbst die Polizei gerufen habe, so der Richter. Er habe erkennen können, was recht und unrecht war.
Die Strafkammer folgte mit ihrem Urteil den Forderungen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage. Die Verteidigung hatte auf eine dreijährige Haftstrafe wegen eines minderschweren Falls des Totschlags plädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.