Geschichte einer Flucht - Teil 2 DDR-Flucht als Jugendliche – das emotionale Wiedersehen mit der "zurückgelassenen" Freundin

Meine Flucht aus der DDR – Teil 2
1989 fassen meine Eltern den Plan mit mir aus der DDR zu fliehen. Unser Ziel: Freiheit. Unser Fluchtweg: riskant. Zum ersten Mal sehe ich meinen Fluchtweg noch einmal. Meine Zeitreise-  30 Jahre danach.


Bevor es Richtung Ungarn geht, treffe ich meine beste Freundin aus Magdeburg, meinem Heimatort. Eileen war im August 1989 der Mensch, den ich in der DDR zuletzt gesehen habe und von dem ich mich nicht verabschieden konnte. Zumindest nicht offiziell. Mit 13 waren Eileen und ich unzertrennlich, beste Freundinnen eben. Vor der Flucht waren wir gemeinsam auf einer Ferienreise in Polen – ich wusste da bereits vom Fluchtplan meiner Eltern, aber so schwer es mir fiel, es musste mein Geheimnis bleiben.


Freunde zurück zu lassen ist zwar schwer, doch wie fühlte es sich erst für meine Eltern an, ihr halbes Leben hinter sich zu lassen? Das habe ich sie vor meiner Reise gefragt als RTL Reporterin und als Tochter. Eigentlich lebten sie unauffällig, arbeiteten in der Gastronomie. Mit 13 ahnte ich nicht mal, dass meine Eltern längst im Visier der Stasi waren. Der Grund: anonyme Verleumdungen - sie wurden verhört, unsere Wohnung war verwanzt, meine Eltern fühlten sich vom Staat kontrolliert und eingesperrt.


Als in Ungarn der Eiserne Vorhang abgebaut wurde, witterten meine Eltern ihre einzige Chance auf Freiheit. Von Magdeburg aus treten wir 1989 offiziell unsere Ferienreise nach Ungarn an. Es sollte unsere letzte werden. Doch erstmal mussten wir zwei Grenzen passieren. Jeden Sommer fuhren wir nach Ungarn, jedes Mal waren wir vorm Grenzübertritt angespannt. Das Risiko herausgefischt und grundlos kontrolliert zu werden  war immer da. Schon oft war uns das passiert. Und diese Kontrollen hatten es in sich. Diesmal waren meine Eltern besonders erleichtert. Denn es hätte auffallen können, dass das nicht unser erster Ungarnbesuch in diesem Jahr war: Nur wenige Wochen vorher waren wir schon einmal da. Schon da wollten meine Eltern auf dem Rückweg statt in die DDR zurück nach Österreich – allerdings ohne mein Wissen. Bis zu dem Zeitpunkt hatte ich nie daran gedacht, dass wir die DDR verlassen könnten. Ich fühlte mich schlichtweg überrumpelt vom Plan meiner Eltern. Unser erster Fluchtversuch scheitert – wegen mir!


Die Tragweite ist mir mit 13 nicht klar, aber meinen Eltern. Danach ist mein schlechtes Gewissen so groß, dass ich jeden Weg mit meinen Eltern gegangen wäre. Unerwartet bekommen wir eine zweite Chance. In Ungarn angekommen, treffen wir am Balaton unsere Fluchthelferin, eine Österreicherin und bereiteten uns vor. Ohne das Wissen meiner Eltern, nehme ich mein Zeugnis mit – der Neuanfang ist offenbar mir bewusst. Drei Äpfel packen wir noch ein, Pfeffer gegen die Spürnasen der Wachhunde und eine Zange. Mit diesem Rucksack und schwarzer Kleidung im Kofferraum machen wir uns auf den Weg. Ein Weg den wir erst noch suchen müssen. Ich sage kein Wort, und beobachte wie der Sicherheitsbeamte unsere Fluchthelferin einschüchtert bis sie weint, während meine Eltern getrennt verhört werden. Scheitert auch unser zweiter Fluchtversuch? Die Freiheit zum Greifen nah.


Die ganze Geschichte der Flucht sehen Sie bei "RTL Punkt 12" und in den kommenden Tagen auf stern.de
Im Sommer 1989 beschließen die Eltern von Kathrin Degen aus der DDR zu fliehen – ohne ihr Wissen! Von der besten Freundin konnte sie sich nicht mal richtig verabschieden. Wie sich Eileen damals fühlte, sehen Sie im zweiten Teil der Reportage.
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© RTL
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