Die Kritik an Frauen, die von sexuellen Übergriffe berichten, ist oft ziemlich heftig. Können Sie sagen, warum Frauen oft nicht geglaubt wird?
Weil wir eine zutiefst misogyne Gesellschaft sind, durchzogen von sexistischen und patriarchalen Haltungen, die schlussendlich nichts anderes besagen als, dass es Frauen gilt zu misstrauen. Frauen würden übertreiben, seien kompliziert, hysterisch oder überempfindlich. All das führt schlussendlich dazu, dass man Frauen ihre Gewalterfahrungen abspricht. Wenn man das tut, ist das sehr wirkmächtig, denn dann muss man nichts unternehmen. Solange man davon ausgeht, diese Frauen würden lügen, kann man sich zurücklehnen und abwarten und muss nicht handeln. Eine patriarchale Gesellschaft ist maßgeblich von Männern geprägt und dominiert. Und diese Dominanz kann man am besten behalten, indem man den Frauen Macht verwehrt – zum Beispiel indem man ihnen nicht glaubt. Eine der größten und mächtigsten Vergewaltigungsmythen ist die, dass Frauen oft lügen. Dabei gibt es keine Studie, die das beweist.
Opferhilfe Expertin für sexuelle Gewalt: "Eine der größten und mächtigsten Vergewaltigungsmythen ist, dass Frauen oft lügen"

Agota Lavoyer zur Diffamierung Betroffener: "Solange man davon ausgeht, diese Frauen würden lügen, kann man sich zurücklehnen und abwarten und muss nicht handeln"
© Timo Orubolo
Der Fall Rammstein hat eine Debatte ausgelöst. Manche Fans werfen den mutmaßlichen Opfern vor, zu lügen oder zu übertreiben. Agota Lavoyer, Beraterin für sexuelle Gewalt, erklärt im stern-Gespräch, warum das so ist und wie Fans mit den Bezichtigungen umgehen können.