"Dio Santo!" Am Dienstagabend, Joseph Ratzinger betrat gerade den Balkon des Peterdoms und winkte fröhlich, da rief Lino Licheri am Fernseher laut sein "Lieber Gott!" Dann starrte er zu seiner Frau und sagte: "Das ist jetzt der zweite Papst, den ich persönlich bedient habe." Als Nächstes aber fluchte er: "Verdammt! Vielleicht hätten wir den Laden lieber doch nicht verkauft!" Würdenträger aus dem Umkreis des Heiligen Stuhls gehörten zu ihren Gästen, seit die Brüder Gianfranco, 62, Lino, 60, und Aldo Licheri, 58, im Mai 1977 ihre Hostaria in der Via S. Maria alle Fornaci eröffneten. "Vier Mohren" nannten sie ihr Lokal, nach dem Wappen ihrer sardischen Heimat. Anfang der 60er Jahre hatten sie dem Elend ihrer Insel den Rücken gekehrt, um auf dem "continente" gemeinsam ihr Glück zu machen. Sie wuschen Teller und kellnerten, bis es für ein eigenes Lokal mit "echter sardischer Küche" reichte - die Lage im Schatten des Petersdoms mit seinen Pilger- und Priesterscharen war günstig.
Bald schon drängten
sich bei ihnen mittags und abends die Gäste an den langen, weiß gedeckten Tischen - und da wimmelte es von Exzellenzen und Eminenzen, von Monsignori und Prälaten. Das Gros der Soutanenträger speiste anonym: "Welche Größen da so bei uns verkehrten, das wussten wir oft nicht." Oder es dämmerte den Brüdern erst im Nachhinein. Der kräftige, hochgewachsene Herr mit der guten Gesichtsfarbe und dem silbergrauen Haar etwa, der mit prächtigem Appetit aß.
Schon bei den Antipasti schlug er zu, ließ sich aufladen von der salzigen Schafmilch-Ricotta, der pikanten Salami und dem würzigen Pecorino. Nicht, dass sich die Licheri-Brüder damals groß gewundert hätten. Der Mann schien ein hohes Tier aus dem nahen Vatikan zu sein - und dort sind sie, sagt Lino, "alle keine Kostverächter".
Jener silberhaarige Hüne jedenfalls war kurz nach ihrer Eröffnung aufgetaucht - im Schlepptau einer feinen Dame aus römischem Adel - und danach fast ein Jahr lang immer wieder bei ihnen eingekehrt. Der Herr war Slawe, das merkte Lino am Akzent seines sonst flüssigen Italienisch - und er war ein hingebungsvoller Esser: Nach den Vorspeisen verdrückte er mal einen Haufen Gnocchetti mit Tomatensugo, mal in Butter gewälzte Ricotta-Ravioli mit frischem Salbei - und lernte vergnügt die sardischen Ausdrücke der von Aldo hausgemachten Pasta: "Malloredus" und "Culurjones".
Der Mann war polnischer Kardinal, schnappten die Brüder nebenbei auf, und ein ausgesprochen launiger Mensch: "Da wurde viel gelacht bei Tisch, Seine Exzellenz war ein fröhlicher Geschichtenerzähler", erinnert sich Lino. Man trank erst sardischen Vermentino und zum Hauptgang dann den roten Cannonau - zu dem sich Hochwürden am liebsten die Spezialität des Hauses auftragen ließ: "Porcheddu al forno", in Olivenöl gebackenes Spanferkel, außen knusprig, innen unvergleichlich zart und auf jeden Fall eine Sünde wert. Selten ging so ein Mittagsmahl ohne einen Schluck "Fil de Ferro", den derben sardischen Grappa, zu Ende. Und niemals ohne einen dankbaren Händedruck des Gastes.
Hostaria "I Quattro Mori"
Via S. Maria alle Fornaci 8/a, Rom.
Tel: 003906/ 639 01 95 und 63 26 09, montags Ruhetag.
Kurz vor Beginn des Konklaves im Herbst 1978 betrat der Pole ihr Lokal zum letzten Mal. Daran können sich die Brüder Licheri genau erinnern. Denn als der Wahlverein der Kardinäle endlich einen aus seiner Mitte zum neuen Pontifex erkoren hatte und das Konterfei des Kirchenmanns aus Krakau über alle Bildschirme flimmerte, "da", sagt Gianfranco, "haben wir uns vor lauter Schreck alle drei bekreuzigt": Ihr fröhlicher Esser sollte fortan als Gottes Stellvertreter auf Erden amtieren.
Doch ihr Laden war nicht nur Wojtylas Wirtschaft. Auch Joseph Ratzinger kennen sie gut. Was den gewagten Schluss zulässt: Papabel ist, wer im "Quattro Mori" isst. War Wojtyla ein zechfreudiger, fast derbfröhlicher Fleischvertilger, erinnert sich Lino an Kardinal Ratzinger als einen "außerordentlich freundlichen, respektvollen und zurückhaltenden Menschen." Bezeichnenderweise aß der Deutsche wenig Fleisch, lieber feinen Fisch - "Spigola" vom Grill, einen Seebarsch, oder "Rombo al forno con patate e pomodori" - Steinbutt aus dem Ofen mit Kartoffeln und Tomaten. Ratzinger kam stets mit einem Haufen deutscher Prälaten im Schlepp, immer zu Zeiten großer Bischofskongregationen.
Das bleibt den Licheris
und kommt ihnen noch heute wie ein Wunder vor. Auch wenn sie tief bedauern, dass sich ihr Pole, wie zukünftig wohl auch der Deutsche, als Papst keine kulinarischen Seitensprünge außerhalb der Vatikanmauern mehr erlaubte: Hatte da nicht für eine Weile praktisch der Allmächtige selbst mit an ihrem Tisch gesessen?
Wollen die Licheri-Brüder weiter mit Prälaten speisen, müssen sie nun dafür zahlen. Denn im Mai vergangenen Jahres haben sie das Restaurant an Mario Deplano, 43, verkauft, ebenfalls ein Sarde. Mit dem Lokal hat Deplano auch die Rezepte der Licheris übernommen. Der hohe Küchenstandard - der stern hat sich überzeugt - ist geblieben. Bei Deplano kann man probieren, was einem Heiligen Vater so mundet. Nein, zwei Heiligen Vätern.
Gnocchetti sardi (Malloredus) al sugo di pomodoro
1.) Beide Mehlsorten in eine Schüssel geben. Eier mit 1 gestrichenen TL Salz und 3 EL Wasser verquirlen und mit den Knethaken des Handrührers in das Mehl einarbeiten, dann mit den Händen gut kneten. Der Teig soll glatt, kompakt und elastisch sein. Ist er zu fest, dann 1 EL Wasser unterkneten. Teig in Klarsichtfolie wickeln und 30 Minuten ruhen lassen.
2.)
Für den Sugo die Tomaten waschen und vierteln. Die Tomatenstücke etwa 10 Minuten zugedeckt kochen, zwischendurch umrühren und am Schluss durch ein Sieb streichen.
Für 4-6 Personen
Für die Gnocchetti
100 g Hartweizengries
150 g Mehl (Type 405)
3 Eier (Größe M)
Salz
Für den Sugo di Pomodoro
1,25 kg Tomaten
1 Zwiebel
1 kleine Möhre
1 Selleriestange
2 EL Olivenöl extra vergine
Salz
1 großes Bund Basilikum
100 g Mozzarella (Kuhmilch)
1 TL Zucker
je 60 g Parmesankäse und Peccorino, frisch gerieben
Zubereitungszeit
ca. 1 Stunde, 15 Minuten
3.) Inzwischen Zwiebel abziehen, Möhre schälen, Sellerie waschen und putzen. Gemüse sehr fein würfeln und in Olivenöl andünsten, salzen. Mit der Tomatensauce ablöschen und abschmecken. Basilikum waschen, trockenschütteln und die Blätter abzupfen. Gut die Hälfte davon in Streifen schneiden und zum Gemüse geben. Mozzarella in kleine Würfel schneiden und dazugeben. Die Sauce unter Rühren 10-20 Minuten bei milder Hitze kochen, damit sich die Mozzarellawürfel auflösen und den Sugo sämig machen. Mit Zucker und Salz abschmecken.
4.)
Salzwasser in einem großen Topf zum Kochen bringen. Den Teig auf einer gut bemehlten Arbeitsfläche 1 cm dick ausrollen, erst in 1 cm dicke Streifen schneiden, dann in 1 cm große Stücke teilen. Mit einer Gabel in jedes Stück tiefe Rillen drücken. Die Gnocchetti in das sprudelnde Wasser geben und nach dem Aufsteigen noch 1-2 Minuten al dente kochen. Am besten zwischendurch probieren.
5.)
Vor dem Servieren die restlichen Basilikumblätter in feine Streifen schneiden, mit den Gnocchetti unter die Sauce rühren und in tiefen vorgewärmten Tellern anrichten. Beide Käsesorten mischen und dazu servieren.
Tipp:
Die Gnocchetti bis zum Kochen auf einem mit Mehl bestäubten Handtuch aufbewahren. Die Sauce muss so reichlich sein, dass die Gnocchetti in ihr "ertrinken". Eilige können die Sauce auch mit geschälten Tomaten aus der Dose kochen. Wer es etwas scharf möchte, dünstet mit dem Gemüse einen zerdrückten Peperoncino an.
Rezept:
Trattoria "I Quattro Mori" in Rom
Ravioli sardi (Culurjones) al burro e salvia
1.) Beide Mehlsorten in eine Schüssel geben, 2 Eier mit 4 EL Wasser verquirlen, zum Mehl geben und erst mit den Knethaken des Handrührers einarbeiten, dann mit den Händen gut unterkneten. Der Teig soll elastisch und etwas kompakt sein. Nach Bedarf 1 EL mehr Wasser unterkneten. Den Teig in Klarsichtfolie wickeln und ruhen lassen.
2.)
Für die Füllung die Ricotta in eine Schüssel geben. Die Kräuter waschen und trockenschleudern. Die Salbeiblätter von den Stielen zupfen und beiseite legen. Petersilie und 5-8 Blätter Minze sehr fein hacken und mit 1 Ei, 1 gestrichenen TL Salz, Pfeffer und Muskat zum Ricotta geben. Die Zitrone heiß abwaschen, abtrocknen, die Schale dünn abreiben und zum Ricotta geben. Die Masse mit einem Löffel verrühren und in einen Spritzbeutel mit breiter Tülle füllen.
3.)
Den Parmesankäse reiben. 1 Ei mit 1 EL Wasser verquirlen. Ein Tablett mit einem Küchentuch ausgelegt bereitstellen und das Tuch mit Mehl bestäuben. Einen großen breiten Topf mit Salzwasser und der restlichen Minze aufkochen.
Für 4-6 Personen
100 g Hartweizengrieß
150 g Mehl (Type 405)
4 Eier (Größe M)
500 g Ricotta
1-2 Zweige Salbei (ca. 12 Blätter)
1 Bund glatte Petersilie
1 kleines Bund Minze
Salz
Pfeffer aus der Mühle
Muskatnuss, frisch gerieben
1 Zitrone, unbehandelt
ca. 120 g Parmesankäse am Stück
120 g Butter
Zubereitungszeit
1 Stunde
4.) Den Teig in 4 Portionen teilen und auf einer bemehlten Arbeitsfläche mit einem Rollholz, am besten aber mit einer Pasta-Maschine dünn (bis Stufe 4) zu 16 cm breiten Bahnen ausrollen. Auf zwei Bahnen in zwei Reihen alle 8 cm mit dem Spritzbeutel eine walnussgroße Menge Füllung setzen. Die Zwischenräume und Teigränder mit dem verquirltem Ei einstreichen. Darauf eine zweite Teigbahn legen. Die Ränder und die Zwischenräume um die Füllungen herum mit den Fingern behutsam andrücken. Die Ravioli mit einem Teigrädchen oder mit einem Messer ausschneiden und bis zum Kochen auf das vorbereitete Handtuch legen.
5.)
Butter in einer Pfanne aufschäumen, Salbeiblätter dazugeben und die Butter leicht bräunen.
6.)
Ravioli in das sprudelnde Wasser geben und nach dem Aufkochen noch 1-2 Minuten garen. Mit einer Schaumkelle herausheben und abgetropft auf vorgewärmten Tellern anrichten. Salbeibutter darübergießen und mit Parmesan bestreut sofort servieren.
Tipp:
Die Füllung auf keinen Fall mit einem elektrischen Gerät rühren, sie wird sonst zu flüssig.
Rezept
Trattoria "I Quattro Mori" in Rom
Spanferkel - Maialino (Porcheddu) al forno
1.) Das Spanferkel vom Schlachter vorbereiten und putzen lassen. Den Kopf und die Unterläufe abtrennen und den Rumpf längs in 2 Hälften teilen.
2.)
Den Backofen auf 180 Grad vorheizen. Die Fleischteile mit Olivenöl und Salz einreiben und dann nebeneinander, mit der Hautseite nach oben, auf die Fettpfanne des Backofens legen. Die Pfanne auf die 2. Einschubleiste von unten schieben.
Für 6-8 Personen
1 Spanferkel (4 kg, beim Schlachter vorbestellen)
Olivenöl (zum Bestreichen des Ferkels)
Meersalz
Zubereitungszeit
ca. 10 Minuten, plus Bratzeit von 1 Stunde, 45 Minuten
3.) Eine Tasse kaltes Wasser mit Salz verrühren. Nach 80 Minuten das Ferkel aus dem Ofen nehmen. Die Temperatur auf 250 Grad hochschalten. Das Salzwasser mit einem Pinsel auf das Fleisch streichen und das Ferkel in der Backofenmitte weitere 15 Minuten kross braten. Die Hälften in Portionsstücke schneiden und auf einer vorgewärmten Platte anrichten.
Tipp:
Das Spanferkel nicht mit Umluft braten, mit dieser Technik wird die Haut nicht kross. Während des Essens restliches Fleisch zum Nachreichen im Ofen bei 80 Grad warm halten.
Rezept:
Trattoria "I Quattro Mori" in Rom
Backkartoffeln und Pinzimonio
1.) Die Kartoffeln waschen, schälen, längs vierteln, mit Öl bestreichen und salzen, dann auf ein Backofenblech oder um einen Braten legen und 70-90 Minuten bei 180 Grad garen.
Für 6-8 Personen
Für die Backkartoffeln
9-12 große Kartoffeln (à ca. 160 g, vorwiegend festkochend)
Olivenöl
Salz
Für die Pinzimonio
1-2 Bund Radieschen
1-2 Fenchelknollen
6-8 Stangen Staudensellerie
400-500 g Möhren
120-160 ml Olivenöl extra virgine
Pfeffer
Meersalz
Zubereitungszeit
ca. 25-35 Minuten
2.) Für die Beilage Pinzimonio Radieschen waschen und putzen. Fenchel putzen, harte Teile abschneiden, die Knolle längs in dünne Spalten schneiden und mit den Radieschen auf einem Teller anrichten. Selleriestangen putzen, Möhren schälen, beides in bleistiftgroße Stifte schneiden und wie Blumenstiele in ein hohes Gefäß stecken oder auf einer Platte anrichten.
3.)
Das Olivenöl mit Pfeffer und etwas Salz verrühren und in kleinen Gefäßen, z. B. Schnapsgläsern, servieren. Die rohen Gemüsestücke werden in die Ölmischung gestippt und zum Fleisch gegessen. Das Meersalz in Schälchen auf den Tisch stellen.
Tipp:
Das Spanferkel passt gerade auf die Fettpfanne eines normalen Backofens. Wenn man die Kartoffeln darum herum legen möchte, braucht man einen Herd mit Übergröße oder einen zweiten Herd. Wer beides nicht besitzt, serviert dazu Bratkartoffeln. Dann müssen die Kartoffeln vorher gekocht, gepellt, längs geviertelt und langsam in einer oder zwei großen Pfannen unter häufigem Wenden in Olivenöl gebraten werden.
Rezept:
Trattoria "I Quattro Mori" in Rom
Lammkeule - Coscio d'agnello al forno
1.) Den Backofen auf 180 Grad vorheizen. Rosmarinnadeln von den Stielen streifen. Einen Teil davon auf das Fleisch streuen, Fleisch mit Pfeffer würzen. Die Innereien so auf die Keule legen, dass das Rippenfleisch darum herum gewickelt werden kann. Den Braten mit Küchengarn in Form binden und in die Fettpfanne des Backofens oder in einen Bräter legen, mit Olivenöl bestreichen, salzen, noch einmal pfeffern und mit restlichen Rosmarinnadeln bestreuen.
Für 6-8 Personen
2 Zweige Rosmarin
1 kleine Lammkeule (beim Schlachter vorbestellen; falls möglich die Keule zusammen mit den letzten Rippen vom Bauchteil zuschneiden lassen, dabei das Fleisch ausbeinen lassen; Niere und Leber des Lammes mitgeben lassen)
Pfeffer aus der Mühle
3 EL Olivenöl (zum Bestreichen)
Salz
125 ml trockener Weißwein
Außerdem
Küchengarn
Zubereitungszeit
15 Minuten, plus Brat- und Ruhezeit von 2 Stunden und 10 Minuten
2.) Das Fleisch 2 Stunden auf der 2. Einschubleiste von unten im Ofen braten. Dabei immer wieder mit Olivenöl bestreichen. Den Braten nach 1 3/4 Stunden mit Weißwein begießen. Den Braten vor dem Aufschneiden 10 Minuten im ausgeschalteten, geöffneten Ofen ruhen lassen, dann in Scheiben schneiden und auf vorgewärmten Tellern mit Backkartoffeln, Pinzimonio und Olivenöl zum Dippen servieren.
Tipp:
Den Braten vom Schlachter binden und würzen lassen.
Rezepte:
Trattoria "I Quattro Mori" in Rom