Erfahrungsbericht Meine Tochter ist kurz nach der Geburt gestorben. Wie ich lernte, wieder zu leben

Katharina und ihr Mann fuhren drei Monate nach dem Tod ihrer Tochter nach Lanzarote. Der Kulissenwechsel tat ihnen gut (Symbolbild)
Katharina und ihr Mann fuhren drei Monate nach dem Tod ihrer Tochter nach Lanzarote. Der Kulissenwechsel tat ihnen gut (Symbolbild)
© Imago / Westend61
Die Wickelkommode war aufgestellt. Der Kinderwagen stand vor der Tür. Doch das Kind unserer Autorin kam zur Welt und fing nicht an zu atmen. Über das Leben nach dem Tod. 

Heute ist Worldwide Candle Lighting, ein Gedenktag für verstorbene Kinder. Die Idee entstand 1996 in den USA und wurde durch die Vereinigung verwaister Eltern und deren Angehöriger, den "Compassionate Friends", ins Leben gerufen. Jedes Jahr am zweiten Sonntag im Dezember stellen Menschen, die ein Kind verloren haben, um 19 Uhr eine Kerze ans Fenster. Aufgrund der verschiedenen Zeitzonen brennen dann 24 Stunden lang Kerzen rund um die Welt. Eine Lichterwelle zum Gedenken an alle verstorbenen Kinder. 

Ich schaue in den Spiegel. Mein Mund ist weit aufgerissen. Ich schreie. Aber ich höre meinen Schrei nicht. Alles ist still. Wie in einem Stummfilm. Ich sehe, dass mir alle Zähne fehlen. Ein schrecklicher Anblick. Dann wache ich auf. Es war nur ein Traum. Ein Traum, der meine Gefühlswelt sehr gut beschreibt. Ich öffne die Augen. Die Realität fühlt sich an wie ein Schlag ins Gesicht. Eigentlich sollte mein Kind neben mir liegen. Meine Tochter. Vor ein paar Stunden habe ich sie geboren. Doch da ist nichts. Der Platz ist leer. Sie ist tot.

Ein Schmerz steigt in mir hoch, von dem ich nicht wusste, dass es ihn gibt. Ein Schmerz, der so existenziell und erbarmungslos ist, dass man ihn kaum aushält. Ein Schmerz, der mich daran zweifeln lässt, ob ich das alles ertragen kann. Wenn mir damals jemand gesagt hätte, dass ich eines Tages wieder lachen kann, mich freuen werde. Dass ich sogar sagen kann "Ich bin glücklich", hätte ich das nicht geglaubt. Vielleicht hätte ich das auch gar nicht gewollt. Ich war nur umgeben von Schmerz und tiefer Traurigkeit. Gefangen in einem dunklen Schleier.