Aus die Maus – Trennungsgeschichten Das erzwungene Ja – wie Anna fast einen Manipulator geheiratet hätte

  • von Katja Lewina
Illu
Autorin Katja Lewina spricht in der stern-Kolumne "Aus die Maus" über Trennungen. Diese Woche erzählt sie, wie Anna von ihrem Exfreund manipuliert wurde.
© Foto: Lena Giovanazzi; Illustration: Birgit Lang
Was in der Liebe alles schiefgehen kann, weiß Autorin Katja Lewina. Sie sammelt Trennungsgeschichten. Dieses Mal geht es um einen Manipulator und warum Anna lieber nicht direkt mit ihrem Partner zusammenzieht.

"Und, wie läuft's mit deinem Freund?" Anna und ich haben uns lange nicht gesehen, da kommt man schnell zum Wesentlichen. Zwei Jahre sind die beiden jetzt ein Paar, gerade erst hat er seine Wohnung saniert, erzählt sie, richtig schön sei das geworden. "Und wann ziehst du bei ihm ein?", frage ich sofort, nur, um mir gleich selbst innerlich die Hand vor den Mund zu halten. Was für ein ultra-konservativer Troll hat da denn bitte aus mir gesprochen? Aber Anna lacht nur und schüttelt den Kopf. "Da bin ich ein gebranntes Kind. Du weißt doch, wegen Tim." 

Tim schien die Lösung zu sein für Annas Problem 

An Tim erinnere ich mich nur noch dunkel. Alles, was ich weiß, ist, dass sie mit ihm gleich nach dem Abi zusammengezogen ist. "Wie war das denn?", krame ich in meinem Gedächtnis, und Anna hilft mir auf die Sprünge. "Wir hatten uns über gemeinsame Freunde kennengelernt, da war ich 17 und er zwei Jahre älter. Er hatte ein Motorrad, das fand ich wahnsinnig cool. Und er nahm mich öfter mit dem Auto mit zur Schule, seine war direkt neben meiner. Ich weiß nicht mal mehr, wie wir zusammengekommen sind. Aber ich weiß noch, wie toll ich es fand, einen Freund mit Auto zu haben. Vermutlich war ich aber auch einfach leicht zu beeindrucken." Wer kennt's nicht, mit siebzehn. Wir waren schließlich alle mal klein. 

"Die Ehe meiner Eltern lief schon lange schlecht. Eigentlich wollte meine Mutter sich schon seit Jahren von meinem Vater trennen, aber ihre Bedingung war, erst zu gehen, wenn ich ausgezogen bin. Irgendwie fühlte ich mich für die Situation verantwortlich. Und Tim, der auch endlich zu Hause ausziehen wollte, schien die ideale Lösung für dieses Problem zu sein. Also nahmen wir uns, kaum hatte ich das Abizeugnis in der Hand, eine gemeinsame Wohnung. Eine totale Schnapsidee, wir waren ja gerade mal ein halbes Jahr zusammen und kannten uns kaum."

Nicht, dass mir das nicht auch schon passiert wäre, wende ich ein. Mal ging es gut, mal nicht. "Aber ich hätte gleich sehen können, dass das nicht die gesündeste Beziehung war", wendet Anna ein. "Als wir anfingen, die Wohnung einzurichten, hatte ich keinerlei Mitspracherecht. Er hat Möbel, Wandfarben, einfach alles alleine ausgesucht. Ich mochte seinen Stil nicht, aber er war so vehement in seinen Entscheidungen, dass ich mitmachte. Ich dachte: Wenn er das gut findet, dann wird es schon richtig sein. Ich muss mich nur daran gewöhnen." Warum sie nicht interveniert hätte, frage ich. Man muss sich doch bemerkbar machen, wenn etwas einem gegen den Strich geht. "Ich hatte Angst, dass ich, wenn wir nicht auf einen Nenner kommen, ohne Wohnung dastehe", sagt Anna.

High Heels, Fackeln und der gesamte Freundeskreis

"Alleine hätte ich mir nichts leisten können. Meine Mutter war gerade bei meinem Vater ausgezogen, ich hätte mich also entscheiden müssen, zu wem ich gehe, das war ein krasser Loyalitätskonflikt. Das hier musste klappen, und wenn ich dafür Abstriche bei der Ästhetik machen musste, dann war das eben so. Ein Jahr ging alles halbwegs gut. Wir hatten Auseinandersetzungen, natürlich, aber welches Paar hat die nicht. Bis er mich eines Abends schick zum Essen ausführen wollte.