Williamson-Prozess Maulkorb für Traditionalisten-Bischof

Die Pius-Bruderschaft hat Bischof Richard Williamson vor seinem Prozess am Freitag alle öffentliche Auftritte verboten. Williamson hatte in einem Interview die Existenz der Gaskammern geleugnet.

Der Skandal um Holocaust-Leugner Richard Williamson wird an diesem Freitag das Regensburger Amtsgericht beschäftigen - ausgerechnet am 83. Geburtstag von Papst Benedikt XVI. Die Staatsanwaltschaft hat gegen den 70 Jahre alten Bischof der umstrittenen Piusbruderschaft einen Strafbefehl über 12 000 Euro wegen Volksverhetzung beantragt. Da Williamsons Anwalt Matthias Loßmann dagegen Beschwerde eingelegt hat, werden die Vorwürfe nun in einem öffentlichen Verfahren verhandelt. Laut Verteidiger Loßmann wird Williamson aber nicht selbst zu dem Prozess kommen. Da es sich um ein Strafbefehlsverfahren handelt, muss der Brite nicht zwingend vor Gericht erscheinen.

Die Piusbruderschaft habe Williamson ohne Nennung von Gründen einen öffentlichen Auftritt untersagt, erklärte sein Anwalt Matthias Loßmann der Nachrichtenagentur DAPD am Donnerstag. Ohne einen solchen Maulkorb von oben wäre sein Mandant wohl zu der Verhandlung erschienen. Nach Angaben des Anwalts hat der Generalsekretär der Piusbruderschaft, Christian Thouvenot, Williamson zudem angewiesen, sein Blog und seine Internetseite zu schließen. Verteidiger Loßmann will einen Freispruch seines Mandanten erreichen. Obwohl das Gericht das persönliche Erscheinen des in London wohnhaft gemeldeten Geistlichen anordnete, kann dieser sich durch seinen Anwalt vertreten lassen.

Der Traditionalistenbischof hatte in einem Fernsehinterview die Existenz von Gaskammern in den Konzentrationslagern angezweifelt. Es seien nicht sechs Millionen Juden von den Nazis ermordet worden, sondern 200 000 bis 300 000 - aber keiner von ihnen in Gaskammern. Das Interview war vor eineinhalb Jahren vom schwedischen Fernsehen in Zaitzkofen bei Regensburg aufgezeichnet worden. Dort hat die ultrakonservative Bruderschaft ein Priesterseminar.

Für Aufregung hatten die Aussagen des Briten vor allem deshalb gesorgt, weil praktisch zeitgleich mit deren Bekanntwerden Papst Benedikt im Januar vergangenen Jahres die Exkommunikation von Williamson und drei weiteren traditionalistischen Pius-Bischöfen aufhob. Der Papst wollte diesen Schritt als Geste der Barmherzigkeit verstanden wissen. Doch vor dem Hintergrund der Aussagen Williamsons folgte ein weltweit verheerendes Echo. Besonders Vertreter des Judentums kritisierten den Pontifex heftig.

Mit den Vertretern des Judentums gelang dem Papst mit viel diplomatischem Bemühen inzwischen eine Aussöhnung. Eine erneute Exkommunikation zumindest von Williamson nahm der Heilige Vater aber trotz vielfacher Forderungen nicht vor. Allerdings darf Williamson von seinem kirchlichen Status her in der katholischen Kirche so oder so keine Bischofsfunktion ausüben. Der Vatikan will der Pius-Bruderschaft mit ihren 491 Priestern zumindest vorerst nicht die dafür nötigen Kompetenzen geben.

Für den Papst war der Fall Williamson eine schmerzliche Lehre. Nachdem ihm auch kirchenintern ein katastrophales Management vorgehalten wurde, räumte er im vergangenen Jahr offen Fehler ein. Vor allem bemerkte der Vatikan, dass mit einer Internetrecherche bereits rechtzeitig die antisemitische Haltung Williamsons herauszufinden gewesen wäre. "Ich lerne daraus, dass wir beim Heiligen Stuhl auf diese Nachrichtenquelle in Zukunft aufmerksamer achten müssen", schrieb der von "sprungbereiter Feindseligkeit" seiner Gegner betrübte Papst im März vergangenen Jahres in einem Brief an alle Bischöfe.

Der Piusbruderschaft hingegen bescherte der Fall eine weltweite Aufmerksamkeit, wie sie sie noch nie hatte. Die Gruppe war 1970 vom traditionalistischen französischen Erzbischof Marcel Lefebvre gegründet worden und steht für einen Katholizismus, der die Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils ablehnt und etwa die Gottesdienste wie vor dem Konzil ausschließlich auf Latein feiert. Auf ihrer Homepage hat die streitbare Gruppe zum Jahrestag der Rücknahme der Exkommunikation ein Foto des Papstes veröffentlicht. "Danke!" steht schlicht darauf.

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APN/AFP/DPA