Die allergieauslösenden Hinterlassenschaften der Tiere sind überall: die Allergene aus ihrem Schweiß, Talg, Speichel oder Urin haften an Haaren und Hautschuppen und verteilen sich im ganzen Haus und in den Kleidern des Besitzers. Und der trägt sie in den Supermarkt, in den Kindergarten und ins Büro. Damit nicht genug: Viele Tierallergene können sogar über große Distanzen schweben. Selbst in der Antarktis haben Forscher schon Katzenallergene gefunden.
Viele Tierallergiker sind nur gegen eine Haustierart allergisch, die meisten gegen Katzen. Aber auch Nagetiere wie Mäuse, Hamster und Meerschweinchen werden zu Plagegeistern. Hunde-, Rinder- und Pferde-Allergien sind seltener - doch auch sie können zu so heftigen Abwehrreaktionen führen, dass nur noch die Trennung bleibt: Zur konsequenten Behandlung der Allergie gehört es, das Haustier abzugeben und jeden Kontakt zu vermeiden. "Es ist zwar manchmal sehr schmerzlich, sich von einem geliebten Haustier zu trennen, aber in einem 'Familienrat' sollte man sich dazu entscheiden. Es ist besser, auf ein Tier zu verzichten als auf seine Atmung", sagt Karl-Christian Bergmann, Leiter der allergologisch-pneumologischen Ambulanz am Allergie-Centrum der Berliner Charité.
Tierallergene bleiben jahrelang im Haushalt
Alles Saugen, Wischen, Schrubben ist dagegen nur ein Kompromiss. Selbst gründlichstes Putzen kann die Tierallergene nicht aus dem Haushalt verbannen. Und selbst Jahre nachdem ein Haustier abgegeben wurde, kann man bei ungenügender Reinigung noch seine Allergene in den hintersten Winkeln nachweisen. Deshalb müssen viele Tierallergiker auch dann noch Allergiemittel einnehmen, wenn sie gar nicht mehr mit den Tieren in Kontakt kommen. "Sollte sich der Kontakt zu Tieren - zum Beispiel durch einen entsprechenden Beruf - nicht vermeiden lassen oder müsste dieser sonst aufgegeben werden, sollte man mit einem besonders erfahrenen Allergologen eine Immuntherapie besprechen", rät Bergmann.
Wer aber glaubt, der beste Schutz vor einer Tierallergie sei, von Anfang an nicht mit Tieren in Berührung zu kommen, liegt falsch. Kinder, die von klein auf mit Haustieren oder auf Bauernhöfen leben, haben seltener mit Allergien zu kämpfen. Nur wenn bereits schwere Allergien oder Asthma in der Familie vorkommen, sind Tiere ein zusätzliches Risiko. Allen anderen tun sie - in erster Linie - gut.
Auslöser
Bei Tieren sind die Allergene im Schweiß, im Talg, im Urin, im Speichel, an den Haaren und in den Hautschuppen zu finden. Sie verteilen sich meist überall in der Wohnung und haftet an den Kleidern der Besitzer, die sie wiederum außerhalb der Wohnung verteilen.
Welche Stoffe von welchen Tieren Allergikern Beschwerden bereiten können, können Sie hier nachlesen.
Symptome
Typisch für die Allergie ist, dass das Kratzen, Niesen und Jucken vor allem in Räumen auftritt, in denen auch Haustiere leben. Sobald Nasenschleimhaut, Bindehaut, Bronchien oder Haut mit den Tierallergenen in Kontakt gekommen sind, läuft die allergische Reaktion an. Nicht alle der folgenden Beschwerden treten bei jedem Tierallergiker auf. Und auch die Stärke der Symptome kann von Fall zu Fall sehr unterschiedlich sein.
- Nase, Rachen und Nasennebenhöhlen: geschwollene Nasenschleimhaut, verstopfte und/oder laufende Nase (besonders früh morgens), Niesen, Jucken, Brennen
- Auge und Augenlider: Rötung, Jucken, Kratzen, tränende Augen
- Bronchien: Atemnot, Husten, rasselnder oder pfeifender Atem
- Haut: Im Gegensatz zu Patienten mit Heuschnupfen reagieren Tierallergiker auch mit Juckreiz, Ausschlag und Nesselfieber
Diagnose
Zunächst wird der Arzt Sie genau nach Ihren Symptomen befragen: Wann treten sie auf? Wodurch könnten sie ausgelöst werden? Und wie schwer sind die Reaktionen? Gibt es ähnliche Beschwerden oder Allergien in der Familie? Der Arzt wird dann Ihre Nase und Nasennebenhöhlen untersuchen und sich die Augen und die umgebenden Hautregionen ansehen. Sprechen die Befragung und die ersten Untersuchungsergebnisse für die Diagnose "Allergie gegen Innenraum-Allergene", kann ein Haut- oder Bluttest den Verdacht überprüfen und die Vielzahl der Allergene eingrenzen.
Hauttests: Reizung an der Oberfläche
Beim Prick-Test sticht (englisch = to prick) der Arzt zunächst verschiedene Allergen-Extrakte, die er nach der Befragung in Verdacht hat, mit einer kleinen Lanzette in die Haut des Patienten. Nach zehn bis zwanzig Minuten bilden sich an den Stellen, wo tatsächlich eine allergische Reaktion anläuft, Rötungen oder Quaddeln.
Der Prick-Test allein kann jedoch keine sichere Diagnose liefern, denn auch Infektionen oder Medikamente können die Haut besonders empfindlich reagieren lassen. Erst wenn auch die vorherige Befragung Hinweise auf eine Tierallergie geliefert hat, stützt das den Befund.
Hat der Test keine Allergie gegen Tiere nachgewiesen, obwohl alle Symptome dafür sprechen, kann der Arzt mit dem sogenannten Intrakutantest (auch: Intradermaltest) einen zweiten Versuch starten: Er stellt oft Allergien fest, die der Prick-Test zuvor "übersehen" hat. Allerdings ist der Intrakutantest für die meisten Patienten schmerzhaft, weil die Allergene unter die Haut gespritzt werden (danach geht es wie beim Prick-Test weiter).
Vor den Hauttests muss sich der Arzt schildern lassen, wie schwer die allergische Reaktion des Patienten ausfallen kann. Immerhin provoziert der Test eine Abwehrreaktion des Körpers - in seltenen Fällen bis hin zu allergischem Schock oder schwerer Atemnot. Risikopatienten sollten sich nur in Kliniken testen lassen, damit sie im Notfall sofort versorgt werden können.
Bluttest: Auf der Suche nach Antikörpern
Ein Bluttest ist sinnvoll, wenn die bisherigen Untersuchungen keine klare Diagnose ergeben oder wenn kleine Kinder zu große Angst vor dem Prick-Test haben. Im Labor wird das Blut auf Antikörper (Immunglobuline, IgE) untersucht, die ein überempfindliches Immunsystem gegen Allergene von Tieren bildet.
Ist der Spiegel des Immunglobulin E insgesamt erhöht (Gesamt-IgE), reicht das allein noch nicht für die Diagnose aus. Denn auch Rauchen, Wurminfektionen und andere Bedingungen können die Menge an IgE erhöhen. Sinnvoller ist die gezielte Untersuchung des Bluts auf spezielle Antikörper gegen Tierallergene (spezifisches IgE). Werden diese Antikörper gefunden, ist das ein wichtiger Hinweis auf die Allergie.
Provokationstest: Den Übeltäter identifizieren
Mit einem Provokationstest wird überprüft, ob die beim Blut- oder Hauttest festgestellten Antikörper tatsächlich verantwortlich für die Beschwerden sind. Dazu bringt der Arzt die Nasenschleimhaut oder die Bindehaut des Auges mit dem verdächtigen Allergen in Kontakt. Gerade wenn es darum geht, sich wegen der Allergie von Haustieren zu trennen, sollte genau geprüft werden, ob nur die Katze abgeben werden muss oder auch der Hund. Wegen der heftigen allergischen Reaktion, die ein Provokationstest in seltenen Fällen auslösen kann, darf die Untersuchung nur in Anwesenheit des Arztes stattfinden.
Mögliche Alternativen
Eine Allergie gegen bestimmte Tierarten kann leicht mit anderen allergischen Schnupfen verwechselt werden, die durch Blütenpollen, Hausstaubmilben oder Schimmelpilze verursacht werden.
Auch Virusinfektionen, bakterielle Infekte und Veränderungen des Nasengerüsts können sehr ähnliche Symptome wie die Allergien verursachen, außerdem kommen Nebenwirkungen von Medikamenten, Nahrungsmittel-Unverträglichkeiten oder hormonelle Umstellungen (Schwangerschaft, Wechseljahre) infrage. Bei Verdacht auf solche Ursachen kann eine umfassende Untersuchung beim Hals-Nasen-Ohrenarzt Klarheit schaffen, bis hin zur Endoskopie der Nasennebenhöhlen oder zur Computertomographie.
Therapie
Bleibt die Tierallergie unbehandelt, kann sie sich einerseits auf andere Allergene wie Blütenpollen oder Hausstaubmilben ausweiten ("Neusensibilisierung"). Andererseits droht der so genannte Etagenwechsel - dabei wandert die Überempfindlichkeit von den oberen Atemwegen (Nase, Rachen) in die unteren Atemwege (Bronchien). Im schlimmsten Fall entsteht daraus Asthma. Die richtige und frühzeitige Behandlung verringert beide Risiken.
Die wichtigste Säule der Therapie von Tierallergien ist die so genannte Allergenkarenz, die strenge Meidung der Auslöser. Auch wenn es bitter ist, sich von einem Haustier zu trennen: Die Allergie-Symptome verschwinden danach oft vollständig. Zumindest aber kann die Karenz den Medikamenten-Bedarf vermindern.
Weil es angesichts der vielen Haustiere in unserer Umgebung kaum möglich ist, jeden Kontakt mit ihnen zu vermeiden, reicht die Karenz allein manchmal nicht aus. Dann können Medikamente helfen. Infrage kommen vor allem Antihistaminika oder Asthma-Medikamente. Welche Wirkstoffe in welcher Dosis und Kombination besonders gut helfen, ist bei jedem Patienten anders. Es braucht deshalb oft Geduld und Vertrauen zum behandelnden Arzt, bis die optimale Therapie gefunden ist.
Eine Spritze zum Abgewöhnen: die Hypersensibilisierung
Die spezifische Immuntherapie ist die einzige Möglichkeit, nicht nur Symptome, sondern die Ursache der überschießenden Immunreaktion selbst zu behandeln. Ihre Wirksamkeit ist aber bei Tierallergien noch recht wenig erforscht. Nur für Katzenallergiker ist ihr Nutzen inzwischen sicher belegt.
Das Prinzip der Behandlung: Sie soll dem Immunsystem die hyperaktive Abwehrreaktion wieder abgewöhnen. Sie ist auch unter den Begriffen Hyposensibilisierung, Desensibilisierung oder Allergie-Impfung bekannt. Dazu werden dem Patienten kleinste Mengen eines Allergen-Extraktes gespritzt - zunächst in wöchentlich steigender Dosis bis die mögliche Höchstmenge erreicht ist, danach alle vier bis acht Wochen.
Tipps
So traurig es auch ist: Wenn Ihr Haustier bei Ihnen oder einem Ihrer Familienmitglieder schwere allergische Symptome auslöst, werden Sie es weggeben müssen. Wer sich auf keinen Fall trennen will, sollte zumindest einige Tipps beachten, um möglichst wenig mit den Allergenen in Berührung zu kommen.
Expertenrat
Die stern.de-Allergie-Experten beantworten Ihre Fragen:
Wie kann ich eine Erkältung von einem allergischen Schnupfen unterscheiden?
Die Symptome ähneln sich tatsächlich sehr. Jedoch treten Beschwerden bei einem allergischen Schnupfen meist wie aus heiterem Himmel auf. Ebenso schnell können sie auch wieder abklingen - kommen aber immer wieder. Bei einer Erkältung spüren Sie hingegen schon Tage oder zumindest Stunden vorher, dass sich "etwas zusammenbraut" und werden den Schnupfen unter einer Woche auch nicht wieder los. Bei einer Allergie ist das Nasensekret außerdem meist wässrig und klar, nicht schleimig-zäh wie bei einer Erkältung. Auch gibt es beim allergischen Schnupfen kein Fieber und keine Halsschmerzen. Besonders typische Allergiesymptome sind vor allem die juckende Nase, die brennenden Augen und die heftigen Niesanfälle.
Wie kann ich mich oder mein Kind vor Allergien schützen?
Neben der genetischen Veranlagung gibt es einen besonders großen Risikofaktor: rauchende Eltern. Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft geraucht haben, sind als Erwachsene mehr als doppelt so häufig Allergiker wie Kinder von nicht rauchenden Müttern.
Besonderen Schutz vor Heuschnupfen und anderen Allergien bietet das Stillen. Kinder aus Allergikerfamilien sollten deshalb unbedingt Muttermilch bekommen - mindestens vier Monate lang. Wenn es nicht möglich ist zu stillen, kann auch allergenarme Säuglingsnahrung das Allergierisiko eingrenzen. Sprechen Sie darüber mit Ihrem Arzt.
In der Schwangerschaft und Stillzeit auf alle möglichen Allergie-Auslöser zu verzichten, bewirkt allerdings das Gegenteil: Es treibt das Allergierisiko des Kindes sogar in die Höhe - genau wie übertriebenes Putzen.
Welche Haustiere kann ich trotz der Allergie halten?
Tiere, die kein Fell haben, sind unproblematisch: Fische, Schildkröten oder Schlangen sind zwar nicht so kuschelig wie ein Hund, eine Katze oder ein Hamster, lösen dafür aber keine Allergien aus.
Sollte ich Haustiere besser gar nicht erst anschaffen?
Dazu gibt es sehr widersprüchliche Studienergebnisse: Einige sagen, der Kontakt zu Haustieren könne das Risiko steigern, andere meinen, eigene Haustiere schützen sogar vor Allergien. Inzwischen gehen die meisten Experten davon aus, dass Tiere nur dann die Allergiegefahr erhöhen, wenn Kinder unregelmäßig oder erst spät mit ihnen in Kontakt kommen. Andere, die wie Bauernhofkinder von klein auf mit Tieren zusammenleben, haben dagegen ein deutlich geringeres Allergierisiko. Offenbar hat ihr Immunsystem mit der insgesamt erhöhten Keimbelastung, die durch das Zusammenleben mit Tieren entsteht, genug zu tun, und entwickelt keine Überempfindlichkeiten. Allerdings: Wenn in Ihrer Familie bereits andere Atopien wie Asthma, Neurodermitis oder Heuschnupfen vorkommen, sollten Sie tatsächlich keine Haustiere (insbesondere keine Felltiere) halten - vor allem keine Katzen, Hamster, Meerschweinchen oder Kaninchen. Sonst kommt zu der ursprünglichen Sensibilisierung leicht noch eine Allergie gegen Tierallergene hinzu.
Forschung
Bislang gab es nur Theorien dazu, weshalb immer mehr Bürger der Industrienationen an Allergien und Asthma erkranken. Ein groß angelegte europäische Studie mit dem Kurznamen "Gabriel" soll nun Fakten schaffen: 150 Wissenschaftler aus 14 europäischen Ländern werden untersuchen, welchen Anteil Gene und Umwelteinflüsse tatsächlich haben. Gefördert wird die Studie mit elf Millionen Euro von der EU. Gespannt sind die Forscher vor allem, ob die Ergebnisse auch die so genannte "Hygiene-Hypothese" stützen: Danach soll ausgerechnet die saubere Umgebung, in der wir heute leben, die Überempfindlichkeit des Immunsystems verursachen. Insgesamt sollen rund 40.000 Menschen für die Studie untersucht werden.