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Covid-19-Testgerät Warum der neue Corona-Schnelltest von Bosch nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist

Coronavirus-Test von Bosch
Das Testgerät von Bosch hat in etwa die Größe einer Kaffeemaschine. Durch eine Öffnung kann jeweils eine Testkartusche mit dem Probenmaterial eingelegt werden
© Bosch / Hersteller
Bosch hat einen Covid-19-Schnelltest entwickelt. Er soll dazu beitragen, die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen, heißt es in einer Pressemitteilung. Wie der stern erfuhr, sind die Testkartuschen allerdings noch nicht zugelassen. Und es gibt ein weiteres Problem.

Das Coronavirus breitet sich weltweit rasant aus: Fast eine halbe Million Infizierte sind rund um den Globus registriert. Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, haben viele Länder Ausgangssperren beschlossen. Sie sollen die Ansteckung von Mensch zu Mensch verhindern. Mindestens genauso wichtig ist nach Auffassung vieler Experten aber eine weitere Maßnahme im Kampf gegen das Virus: flächendeckende Tests.

Tests auf Sars-CoV-2 sind aus mehreren Gründen sinnvoll: Sie geben zum einen Aufschluss über das tatsächliche Infektionsgeschehen. Je mehr Tests erfolgen, desto mehr Infektionen werden entdeckt. Gleichzeitig sinkt die Dunkelziffer. Gerade bei einem Virus wie Sars-CoV-2 gehen Epidemiologen von einer recht hohen Anzahl nicht nachgewiesener Infektionen aus. Auf einen diagnostizierten Fall könnten bis zu zehn unentdeckte Infektionen kommen, schätzen Experten. Woran liegt das? 

Eine Infektion mit dem Coronavirus verläuft oft mild, in einigen Fällen sogar ohne Symptome. Das macht es schier unmöglich, allein anhand der Symptome alle Infektionen aufzuspüren. Wird nun ein nur leicht Erkrankter positiv auf Sars-CoV-2 getestet, können sich dessen Kontaktpersonen in Quarantäne begeben. Auch das verhindert eine weitere Ausbreitung des Erregers.

Deutschland testet oft auf Coronavirus

In Deutschland wird vergleichsweise oft auf das Coronavirus getestet. In einer Woche gibt es Kapazitäten von mehr als 250.000 Tests. Die Ressourcen sind aber nicht unbegrenzt. "Wir haben große Kapazitäten, aber nicht genug, um 83 Millionen durchzutesten", erklärte Andreas Gassen, Chef der kassenärztlichen Vereinigung auf einer Pressekonferenz.

Als Goldstandard gilt der Nachweis des Erregers mittels PCR-Methode. Dabei wird die Probe eines Patienten direkt auf das Erbgut des Erregers getestet. Der PCR-Test schlägt bereits in der frühsten Phase der Infektion an - doch meist verfügen nur größere Unikliniken oder Labore über ein entsprechendes Gerät. Bereits erhältliche Antikörper-Tests haben einen entscheidenden Nachteil: Sie testen nicht auf den Erreger selbst, sondern auf vom Immunsystem gebildete Antikörper. Das Ergebnis ist also erst nach einigen Krankheitstagen aussagekräftig. Wird zu früh getestet, sind noch keine Antikörper nachweisbar - das Ergebnis ist damit falsch-negativ.

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Abhilfe soll nun ein Covid-19-Schnelltest aus dem Hause Bosch schaffen. Das Verfahren basiert auf einem Analysegerät mit speziellen Testkartuschen. Getestet werde direkt auf das Viren-Erbgut, erklärte eine Sprecherin dem stern. Auch der Nachweis von neun anderen Erregern sei möglich, darunter Influenza-Viren, Rhino- und Adenoviren. Sie führen ähnlich wie Sars-CoV-2 zu Symptomen der Atemwege.

Laut Pressemitteilung könne das Gerät in Hausarztpraxen und Kliniken zum Einsatz kommen. Ein Vorteil sei, dass "direkt vor Ort" getestet werden könne. Die Probe wird dafür in die Testkartusche eingelegt, die wiederum im Analysegerät ausgewertet wird. Bis das Ergebnis vorliege, vergingen weniger als zweieinhalb Stunden. Zum Vergleich: Der herkömmliche Nachweis im Labor dauert rund vier bis fünf Stunden. Weil Probenmaterial allerdings oft noch Lieferwege zurücklegen muss, können schnell auch 24 bis 48 Stunden vergehen.

"Der Covid-19-Schnelltest von Bosch trägt dazu bei, die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen und Infektionsketten schneller zu durchbrechen", wird Volkmar Denner, Vorsitzender der Bosch-Geschäftsführung, zitiert. Dennoch sind viele Fragen offen.

Corona- Schnelltest - viele offene Fragen

Zwar sei das Gerät selbst bereits "verfügbar", erläuterte eine Bosch-Sprecherin auf Nachfrage des stern. Die speziellen Testkartuschen seien jedoch noch nicht zugelassen. Man rechne aber damit, dass der Test ab April erhältlich sei. Die Kosten für eine einzelne Testkartusche liegen laut Bosch-Sprecherin "in einem höheren zweistelligen Bereich". Um das Material auswerten zu können, ist jedoch ein Analyse-Gerät nötig. Wie viel dieses kostet, ist unklar. Die Sprecherin verwies auf die Vertriebspartner. 

Laut Bosch könne ein einzelnes Gerät innerhalb von 24 Stunden bis zu zehn Proben auswerten. Das gelingt jedoch nur, wenn die Laborschicht Tag und Nacht besetzt ist. Jede einzelne Kartusche muss von Hand ein- und wieder ausgelegt werden. Moderne PCR-Testgeräte können oft mehrere Proben auf einmal auswerten. 

Laut Pressemitteilung liegt die Genauigkeit des Geräts bei "über 95 Prozent". Fragen, wie oft das System falschen Alarm schlägt oder wie viele Infektionen es übersieht, wollte Bosch nach Angabe der Deutschen Presse-Agentur nicht beantworten. Diese Daten sind jedoch essenziell, um bewerten zu können, wie gut der Test funktioniert. Bereits eine einzelne übersehene Infektion kann viele Folge-Infektionen nach sich ziehen.

Roland Stahl, Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sieht ein weiteres Problem: Der Test sei noch nicht in der "breiten Masse" anwendbar. Bei den aktuellen Tests handle es sich um Massentestungen. Im Vergleich verfüge das Bosch-Gerät über wenig Kapazität - großflächige Tests seien damit nicht möglich. Ließe sich die Kapazität jedoch steigern, sei das Gerät durchaus als eine Alternative denkbar.

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