Anzeige
Anzeige

Impfgegner vs. Wartende Keine Eltern mit Pflegegrad? Keine schwangeren Freundinnen? Das Gefühl, ins Impf-Loch zu fallen

Impfung in den Oberarm
Die einen wollen und können nicht, die anderen sagen: Nein, danke!
© Inside Creative House / Getty Images
"Impfstoff für jeden Amerikaner!", hatte Ex-Präsident Donald Trump für 2021 ausgerufen. Der Stoff ist in den USA längst da, aber niemand will mehr die Spritze. In Deutschland sieht es anders aus: Eine ganze Generation fragt sich, was sie, bitte schön, falsch gemacht hat im Leben.

Über 80 müsste man sein! In einem sozialen Beruf müsste man arbeiten! In Deutschland verzweifeln derzeit Menschen daran, dass sie aus dem Raster fallen. Wer keine pflegebedürftigen Eltern hat oder keine schwangeren Freundinnen, hat keine Chance auf eine Impfung gegen Covid-19. "Du musst dich auch mal ein bisschen kümmern", lautet der Ratschlag der eigenen Eltern, die sich auch wünschen, dass ihre Brut vor dem Virus geschützt ist. Aber wie denn, bitte sehr? Wir haben uns als Wahlhelfer beworben sowie als Freiwillige in den Messehallen, denn beiden "Ehrenämtern" steht eine Impfung zu. Doch wir haben Absagen bekommen: Für unser Profil gibt's gerade nix. Na danke.

In den USA existiert gerade genau das gegenteilige Problem. Der Impfstoff steht zur Verfügung, aber die verbliebene Masse Ungeimpfter ist nicht zu erreichen. Mit anderen Worten: Der Stoff ist da, aber die Menschen wollen sich nicht versorgen lassen. In Ansätzen kennen wir das Problem auch hier: Während sich früher niemand Gedanken darum gemacht hat, womit er oder sie gegen Röteln, Masern oder Keuchhusten geimpft worden ist, sind wir nun alle zu Pseudo-Virologen geworden. "Astra? Ne, sorry. Wenn, dann Biontech", so heißt es selbst aus dem Kreis kluger Freunde und Kollegen.

Seit wann interessiert uns bitte der Impfstoff?

Das öffentliche Hin und Her um die Qualität des Impfstoffs hat die Menschen auf sämtlichen Kontinenten verunsichert. Früher ging es um eine persönliche Einstellung, wenn die Frage aufkam, ob man sich oder seine Kinder impfen lässt. Heute lautet die erste Frage, wenn man glücklich von einem Impftermin zu berichten weiß: "Womit denn?"

Als hätte uns die Debatte um den richtigen Stoff auch nur ein kleines bisschen klüger gemacht, fangen wir eine Art Wettbewerb an. "In Bayern lässt sich niemand mit etwas anderem als Biontech impfen", erzählte eine Freundin. Ein Kollege, 33 und männlich, sagte neulich: "Wenn, dann Biontech." Nun aber hat der Hersteller Biontech/Pfizer auch noch Lieferschwierigkeiten angemeldet. Betriebsärzte von Unternehmen mit rund 7000 Angestellten berichten, sie bekämen pro Woche noch 23 Dosen zum Verimpfen. Das klingt wie ein Witz, ist nur leider keiner.

Wer verdient am Impfstoff? Eckart von Hirschhausen im Gespräch mit Katharina Adick

Impfen wird immer mehr zur Haltungsfrage

In den USA hingegen sieht es noch anders aus. In den Impfzentren liegt der empfindliche Stoff herum und wartet auf Abnehmer. Ganze Universitäten und Colleges wurden in einem Schwung durchgeimpft, doch der Rest der Bevölkerung, der noch nicht versorgt ist, sperrt sich. Die Impfgegner existieren dort wie hier. Die Angst vor einem Mittel, das niemand begreift, ist größer als die vor dem Virus – dessen Verbreitung und Mutationen, sagen wir's mal, wie es ist, auch niemand so richtig versteht.

Wir haben also Krankheiten wie Pocken, Polio und andere Epidemien ohne zu Zaudern durchs Impfen größtenteils besiegt, glauben aber, uns beim Coronavirus für den richtigen Impfstoff entscheiden zu können (oder müssen). Die Pandemie scheint uns schon ganz schön zugesetzt zu haben.

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel