Knutsch-Experiment Je länger der Kuss, desto mehr Bakterien

Nur ein Kuss? Von wegen: 80 Millionen Keime.
Nur ein Kuss? Von wegen: 80 Millionen Keime.
© colourbox.de
Liebe, Zärtlichkeit,Verlangen: Ein Kuss übermittelt viele Botschaften - und noch mehr Bakterien: 80 Milliarden Keime wandern laut einer Studie von Mund zu Mund, wenn man zehn Sekunden lang knutscht.

"It's in his Kiss" sang Cher in den 1990ern in einem bekannten Popsong. Was genau - und vor allem wie viel - in seinem Kuss ist, konnte sie damals noch nicht wissen: Laut einer neuen Studie wandern bei einem zehnsekündigen Zungenkuss rund 80 Millionen Bakterien von Mund zu Mund. Ekelhaft? Nein, das ganze hat sogar einen romantischen Aspekt: Wenn man regelmäßig (den selben!) Menschen küsst, gleicht sich offenbar die Zusammensetzung der eigenen oralen Mikroflora an die des Partners an.

Remco Kort vom Amsterdam Institute for Molecules, Medicine and Systems und seine Kollegen forderten 21 Probanden dazu auf, ein probiotisches Getränk mit einem speziellen Bakteriencocktail zu trinken, der im Labor leicht nachweisbar ist und daher als "Marker" dienen sollte. Dann sollten sie ihren Liebsten küssen - und zwar mit Zunge und mindestens zehn Sekunden lang. Am Ende untersuchten die Forscher den Speichel des Geküssten und analysierten, wie viele und welche Keime darin enthalten waren. Sie stellten fest: Die Kussempfänger trugen etwa 80 Millionen Bakterien mehr im Mund als vor dem Knutschen.

Herausfinden wollten die Forscher allerdings etwas ganz anderes. Sie interessierte, ob die Paare "bakteriell verbunden" sind, also ob die beiden Partner eine ähnliche Zusammensetzung von Bakterienarten im Speichel tragen. Und tatsächlich: Ein Vergleich der Speichelproben ergab, dass die vermutete bakterielle Verwandtschaft existiert - allerdings keineswegs bei allen in gleichem Maße: Besonders ähnlich war sich die Mundflora von jenen Paaren, die vor dem Experiment angegeben hatten, dass sie oft - also etwa neunmal pro Tag - intensiv knutschen.

Küssen könnte der Gesundheit nutzen

Warum das wichtig ist? Das sogenannte Mikrobiom - die Bakteriengemeinschaft, die der Mensch auf seiner Haut, im Darm und im Mund beheimatet - hängt eng mit seiner Gesundheit und sogar mit seiner Psyche zusammen, darauf deuten immer mehr Studien hin. Als besonders gesund gilt ein vielfältiges Mikrobiom mit vielen unterschiedlichen Keimarten. Küssen ist nicht nur spaßig, sondern auch sinnvoll: Indem man seinem Partner seine eigenen Bakterienarten verabreicht, fördert man womöglich sein gesundheitliches Befinden - und umgekehrt. Küssen ist also wahrlich ein Geben und Nehmen - nicht nur von Zärtlichkeit.

Weniger romantisch ist ein weiteres Ergebnis der Studie: Als die Wissenschaftler die Paare nach ihren Kussgewohnheiten befragten, antworteten die jeweiligen Partner nicht immer mit der gleichen Zahl. 74 Prozent der befragten Männer schienen deutlich häufiger zu küssen als ihre Liebsten. Viele berichteten sogar, täglich doppelt so oft zu küssen wie ihre Partnerinnen. Das deutet entweder auf sehr unterschiedliche Wahrnehmungen hin. Oder auf etwas anderes.

Lydia Klöckner

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos