Mysteriöse Selbstheilung "Aids-Bezwinger" soll sich Tests unterziehen

14 Monate nach einem positiven Aids-Test ist ein Brite frei vom tödlichen Virus HIV. Das berichten zumindest zwei englische Zeitungen. Jetzt soll sich der "Aids-Bezwinger" wissenschaftlichen Tests stellen.

Medienberichten zufolge hat ein junger Brite 14 Monate nach einem positiven Aids-Test keine HI-Viren mehr im Blut. Der 25-jährige Andrew Stimpson habe keine Medikamente genommen, sein Immunsystem habe den Erreger der meist tödlichen Immunschwäche vermutlich selbsttätig zerstört, berichteten zwei britische Sonntagszeitungen übereinstimmend.

Eine Sprecherin des Chelsea and Westminster Healthcare Trusts in London bestätigte, dass einer ihrer Patienten HIV-negativ getestet worden sei. Ob er sich jedoch selbst geheilt habe, sei unklar, da sich der Patient bisher keinen weiteren Untersuchungen unterzogen habe.

Britische Mediziner riefen den angeblichen "Aids-Bezwinger" zu weiteren HIV-Tests auf. Das sei unbedingt erforderlich um zu klären, ob und wie sein Immunsystem möglicherweise tatsächlich eine Infektion mit dem Aidserreger überwunden haben könnte, hieß es am Montag beim staatlichen Gesundheitsdienst Großbritanniens (NHS).

Antikörper könnte der Schlüssel sein

Mediziner erhoffen sich von dem Fall wichtige Erkenntnisse im Kampf gegen die Krankheit. Aids-Experte Patrick Dixon von der internationalen Anti-Aids-Organisation Acet nannte den Fall "sehr, sehr ungewöhnlich". Es sei das erste Mal, dass ein solcher Fall von "Selbstheilung" ordentlich dokumentiert sei, sagte er dem Sender BBC. Der Fall sei sehr wichtig, da in Stimpsons Immunsystem möglicherweise der Schlüssel zur Entwicklung eines Impfstoffes liege. "Wenn wir einen von ihm produzierten Antikörper finden, der es ihm ermöglicht hat, das Virus loszuwerden, könnten wir theoretisch Wege zur Herstellung dieses Antikörpers als Behandlungsmethode finden", sagte er.

"Es ist ein Wunder"

Andrew Stimpson aus London war im August 2002 HIV-positiv getestet worden, nachdem er wegen Schlappheit und Unwohlseins einen Arzt aufgesucht hatte, wie die "News of the World" und die "Mail on Sunday" berichteten. Da Stimpson zunächst wenige Aids-Erreger im Blut hatte, musste er keine Medikamente nehmen. Als es mit seiner Gesundheit und Fitness nach oben ging, ließ er sich im Oktober 2003 erneut testen. Das Ergebnis: Der HI-Virus konnte nicht mehr nachgewiesen werden. "Das ist unglaublich, es ist ein Wunder. Ich denke, ich bin einer der glücklichsten Menschen der Welt", sagte der 25-Jährige.

Der Londoner erklärte, er habe die Gesundheitsdienste zunächst auf Schadenersatz verklagen wollen. Doch eine Untersuchung habe Fehler bei den Tests ausgeschlossen. Nun wolle er eng mit den Medizinern zusammenarbeiten, um anderen HIV-positiven Menschen und Aids-Kranken möglicherweise helfen zu können. "Es ist mir wichtig, bei der Forschung zu helfen, weil es ein großer Schritt hin zu einem Heilmittel für jeden sein könnte."

Deutsche Forscher skeptisch

Deutsche äußerten sich skeptisch. "Es hat immer wieder mal einzelne Berichte über Spontanheilungen gegeben, die allerdings schlecht belegt waren", sagte der Aids-Experte des Robert Koch-Instituts (RKI), Ulrich Marcus, am Montag in Berlin. Auch im Fall von Andrew Stimpson seien, obwohl er offensichtlich zuverlässiger dokumentiert sei, bislang zu wenig Details bekannt.

"Es gibt jedoch theoretisch die Möglichkeit, dass das Immunsystem dieses Menschen es geschafft hat, das Virus aus dem Körper zu kriegen. Zum einen, weil es dazu durch bestimmte genetische Variationen begünstigt sein könnte, zum anderen, weil möglicherweise das HI-Virus selbst einen genetischen Defekt hatte", erläuterte Marcus. Darüber hinaus sei die Frage, durch welche Methode das Verschwinden der HI-Viren in dem britischen Fall untersucht wurde, unklar. Der Aidserreger könne weiterhin unerkannt in Körperzellen schlummern, auch wenn im Blut keine Antikörper mehr nachzuweisen seien.

Für Selbstheilungen in Afrika fehlen Beweise

Aids-Experten sagten, es habe bereits Gerüchte und Erzählungen über ähnliche Fälle in Afrika gegeben. Dafür fehlten aber stets die Beweise. "Wenn Andrew wirklich von dem Virus befreit wurde, dann muss das gründlich untersucht werden, um zu sehen, ob man diesen Vorgang irgendwie reproduzieren kann", sagte Lisa Power von der Aids- Hilfsorganisation Terence Higgins Trust.

Bislang gibt es keine Heilung von Aids. An der Krankheit sind Millionen Menschen vor allem in Afrika gestorben. Experten gehen davon aus, dass sich weltweit fast 35 Millionen Menschen an HIV/Aids leiden.

DPA · Reuters
Reuters/DPA

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