Es ist nur eine kleine Bewegung, ein schneller Wisch mit der Hand – und schon liegt die Kippe auf der Straße. Tausende Zigarettenstummel landen so jeden Tag auf Straßen, Bürgersteigen und in Fußgängerzonen. Der einzelne Stummel mag nicht weiter ins Gewicht fallen, doch in der Summe häufen sich so beachtliche Müllberge an – von den Folgen für die Umwelt ganz zu schweigen. Zigarettenstummel verrotten schlecht und gammeln selbst nach Jahren noch an Ort und Stelle.
Warum haben Müllsünder ein derart leichtes Spiel? Warum fürchten sie nicht, von Passanten angesprochen und ermahnt zu werden? Rein objektiv betrachtet, ist es schließlich richtig, Rüpel nicht ungeschoren davonkommen zu lassen. Warum fällt es uns also so schwer, sie auf ihr Fehlverhalten anzusprechen?
Dieser Frage ist die Kölner Verhaltensökonomin Bettina Rockenbach nachgegangen. Für ein Experiment engagierte sie Schauspieler, die am Kölner Hauptbahnhof achtlos Mülltüten auf den Boden warfen. Dabei zeigte sich: Nur etwa 15 Prozent aller Passanten sprachen die Müllsünder auf ihr Fehlverhalten an. Die übrigen Menschen reagierten stets gleich. Sie unternahmen: nichts. Es spielte auch keine Rolle, wie viel Müll die Schauspieler auf den Boden warfen. Sogar bei größeren Mengen reagierten die Passanten ähnlich teilnahmslos.
Angst vor Vergeltung hindert Passanten am Eingreifen
Gegenüber dem Westdeutschen Rundfunk (WDR) erklärte die Forscherin den Grund für die Passivität der umstehenden Menschen: Sie fürchteten schlicht eine Bestrafung für ihr Eingreifen. "Sie (die Passanten - Anm. d. Red.) handeln nicht - aus Angst vor Vergeltung", erklärt Rockenbach gegenüber dem WDR. "Das ist jedenfalls unsere Erklärung aus den Befragungen. Sie befürchten, dass derjenige, der einen starken Regelverstoß begeht, auf eine Rüge auch entsprechend heftig reagiert."
Für den Alltag bedeute das, dass man sich nicht auf das Eingreifen von Mitmenschen verlassen sollte, insbesondere bei großen Vergehen. "Dafür brauchen wir staatliche Institutionen wie die Polizei", so Rockenbach weiter.