Der Patient kam in die Sprechstunde, weil er seit einem halben Jahr einen Tinnitus im rechten Ohr hatte. Die Ohrgeräusche störten ihn sehr, sagte er. Viel mehr erzählte der Mittdreißiger nicht, nur, dass der Tinnitus mehr oder weniger von einem auf den anderen Tag aufgetreten war. Wir wissen heute, dass Ohrgeräusche nicht einfach so entstehen. Häufig sind sie die Folge eines Hörverlusts, ausgelöst durch einen Hörsturz oder Lärm. Krach etwa zerstört die Sinneszellen in der Hörschnecke. Dabei handelt es sich um kleinste Härchen, die sich in der Flüssigkeit des Innenohrs bewegen.
Was war der Auslöser für den Tinnitus?
Man muss sie sich wie die Ähren in einem Kornfeld vorstellen: Normalerweise bewegen Schallwellen die Sinneszellen sanft hin und her. Bei sehr starken Wellen, also hoher Lautstärke, knicken die Härchen ab, können sich aber noch erholen. Extrembewegungen, etwa durch ein Knalltrauma, schädigen sie dauerhaft. Sie richten sich nicht wieder auf. Darauf folgt der Tinnitus. Man kann ihn sich wie einen Phantomschmerz vorstellen: Das Gehirn ersetzt die Geräusche, die durch den Hörverlust entstehen. So macht es darauf aufmerksam, dass etwas nicht stimmt.