Mit 48 Jahren in Zweiter Liga Wie der älteste Profi der Welt einen ewigen Rekord jagt

Einen Fußballprofi mit 48 Jahren? Gibt's. Kazuyoshi Miuro ist in Japan ein Held, er fühlt sich fit - und er will weitermachen, bis er den ewigen Rekord geknackt hat.

2014 war wahrlich nicht das Jahr des Mannes, den alle nur "König" nennen. Der "König" ist Stürmer, er lebt also von Toren - und davon schoss er in der gesamten vergangenen Saison kein einziges. Wenn sein Trainer entschied, ihn aufs Feld zu schicken, dann durfte er immer nur für wenige Minuten ran. Man könnte in so einer Situation von einer Formkrise sprechen. Aber beim "König", das weiß jeder, trifft das nicht zu. Nicht weil ein König keine Formkrise haben kann. Sondern weil das Wort Formkrise bei "König Kazu" fehl am Platz ist. Der Mann ist schließlich schon 48 Jahre alt. Jahrgang 1967. Fußballprofi ist er trotzdem noch.

Kazuyoshi Miura hat in seiner Karriere nahezu alles erlebt. Seit 30 Jahren ist er Profi, er spielte in Brasilien, Italien, Kroatien, Australien und in seiner Heimat Japan. Er gewann Meisterschaften, lief 89-Mal für Japan auf und schoss 55 Tore. Er spielte schon gegen Litbarski oder Zico, ist das Vorbild aller japanischen Fußballer - übrigens auch von BVB-Star Shinji Kagawa - und jetzt, im Jahr 2015, spielt er eben immer noch. Zwar "nur noch" in der zweiten japanische Liga, beim Yokohama FC. Aber er ist Profi. Und ein großes Ziel hat "König Kazu" noch: Er will den Weltrekord brechen.

Drei Jahre fehlen noch zum Rekord

Der Name, der Miura derzeit antreibt, ist Stanley Matthews. Er hält den Weltrekord. Matthews erhielt 1932 bei Stoke City einen Profivertrag. Seine Karriere beendete er erst 1965. Matthews stand 33 Jahre als Fußballprofi durch. Als er aufhörte, war er 50 Jahre alt. Zum Rekord fehlen "King Kazu" also noch drei Jahre.

In Japan versuchen sie alles, um Miura die große Chance zu ermöglichen. Er ist eine Legende und ein Held. Japans Gesellschaft verehrt die Alten, die Erfahrenen. Sie schätzt Menschen, die etwas geleistet haben für das Land. Und Miura hat jede Menge geleistet. Als 1993 die japanische Profiliga J-League gegründet wurde, war "King Kazu" der Star des Yomiuri FC. Er wurde Asiens Fußballer des Jahres, als erster Japaner überhaupt. 1996 war er Torschützenkönig in der J-League. Die Medien verehrten ihn, die Werbeindustrie entdeckte ihn als Gesicht.

WM - das traurigste Thema für Miura

Zur Legendbildung trägt auch die traurigste Episode aus Miuras Fußballerleben bei. 1998 schoss er Japan mit seinem Tor zur ersten WM-Teilnahme nach Frankreich. Doch weil "King Kazu" damals schon 31 Jahre alt war und Coach Takeshi Okada davon überzeugt war, er sei zu alt für eine Weltmeisterschaft, berief er ihn nicht ins Turnier-Aufgebot.

Japan scheiterte in Frankreich schon in der Vorrunde. Für die japanischen Medien war klar: Miura fehlte. Sie verlangten, dass der König wieder ins Nationalteam zurückkehren sollte. Natürlich hängte "Kazu" noch zwei Jahre dran - doch für die Heim-WM 2002 reichte es nicht mehr. Eine Weltmeisterschaft erlebte Kazu als Spieler also nicht.

Miura hängt noch ein Jahr dran

Vielleicht will er auch deswegen den Weltrekord brechen, will allen zeigen: Zu alt ist man erst, wenn man sich zu alt fühlt. Dem Rekord ist "König Kazu" seit dieser Saison ohnehin ein Stückchen näher. Im Winter unterschrieb er einen Vertrag über ein weiteres Profi-Jahr. Er fühle sich gut und fit und solange es sein Körper zulasse, werde er weiterspielen, sagte er bei der Unterschrift.

Seither läuft es für Miura übrigens auch wieder besser. Im Jahr 2015 lief er bereits in drei Spielen von Beginn an auf. Ein Tor gelang ihm zwar nicht. Aber sein Team steht auf Platz drei der Zweitliga-Tabelle. So schlecht kann er also nicht sein, der König. Und wenn ihn keine Verletzung stoppt, gilt für Miura ohnehin: Könige werden nicht abgewählt. Sie entscheiden selbst, wann Schluss ist.

Felix Haas