Die Vereinigten Staaten im Sommer 1968: Während US-Truppen in einen blutigen Krieg in Vietnam involviert sind, rebellieren an der Heimatfront die Studenten. Ihre Anliegen: mehr Freiheit, Abbau der Rassenschranken, vor allem aber ein sofortiges Ende des Krieges, in dem die Altersgenossen sinnlos verheizt werden. Das Land befindet sich in Aufruhr und droht auseinanderzubrechen.
Doch es gibt einen Mann - so legt es der Film von Regisseur Emilio Estevez nahe -, der in der Lage ist, die gespaltene Nation zu versöhnen: Robert "Bobby" Kennedy. Der jüngere Bruder John F. Kennedys steht im Zentrum von "Bobby", der an einem einzigen Tag und an einem Ort spielt: Es ist der 5. Juni 1968 im Luxushotel Ambassador in Los Angeles. Der Präsidentschaftsanwärter will dort am Abend seinen Sieg bei den kalifornischen Vorwahlen feiern. Noch in derselben Nacht fällt er jedoch einem Attentat zum Opfer, an dessen Folgen er einen Tag später stirbt.
Fiktive Geschichten
Um dieses Ereignis herum erzählt der Film fiktive Geschichten, immer wieder unterbrochen von Dokumentarfilm-Szenen mit Robert Kennedy. Anhand von 22 Menschen, die in dem Hotel arbeiten, leben oder nur vorübergehend abgestiegen sind, gewährt der Film einen unterhaltsamen Einblick in die Stimmungslage dieses amerikanischen Schicksalsjahres. Unterstützt von einem hochrangigen Schauspielerensemble gelingt es Estevez, ein vielschichtiges Panorama der US-Gesellschaft in den späten 60er Jahren anzulegen.
Das Hotel ist ein gut gewählter Ort, um verschiedene soziale Schichten, Altersgruppen und Hautfarben aufeinanderprallen zu lassen und daran die politischen Verwerfungen dieser Epoche aufzuzeigen. Der hochgeschossige Bau ist auch ein gutes Sinnbild für die Schichtung der Gesellschaft: Ganz oben residieren die reichsten unter den Hotelgästen, ganz unten hausen die Küchenkräfte. Selbst die Underdogs in der Kochkombüse sind in sich noch einmal gespalten: Immer wieder streiten die Mexikaner mit dem schwarzen Chefkoch (Laurence Fishburne) über das richtige Verhältnis von Anpassung und Rebellion gegenüber der Welt der Weißen.
Auch in den übrigen Episoden spielt die Zeitgeschichte immer mit hinein. Da ist beispielsweise die junge Diane (Lindsay Lohan), die an diesem Tag ihren Schulfreund William (Elijah Wood) heiraten will - um ihn vor dem drohenden Kriegseinsatz in Vietnam zu bewahren. Was ihr Zukünftiger noch nicht weiß: Diane heiratet durchaus auch aus Liebe. In einem anderen Handlungsstrang feuert der Hotel-Manager Paul Ebbers (William H. Macy) den Schichtführer Timmons (Christian Slater) wegen dessen rassistischer Gesinnung. In der nächsten Szene wendet sich das Blatt: Der politisch-korrekt handelnde Ebbers wird zum Ehebrecher, der seine Frau (Sharon Stone) mit einer Telefonistin des Hotels (Heather Graham) betrügt.
Weltpolitik spiegelt sich in privaten Konflikten
So schafft Estevez mehrdimensionale Figuren, und immer wieder spiegelt sich in den einzelnen Episoden die große Weltpolitik in privaten Konflikten. Über allem schwebt der gute Geist Robert Kennedys - und mit ihm die gemeinsame Vision einer besseren Zukunft. Dieser Glaube scheint gerade aus der heutigen Zeit betrachtet sehr naiv. Regisseur Emilio Estevez, Sohn von Hollywood-Star Martin Sheen, hat jedoch eine andere Perspektive auf diese Zeit: Er hat die Begeisterung, die Kennedys Kandidatur seinerzeit entfacht hat, als kleines Kind bewusst miterlebt. Und auch die anschließende Erschütterung über seine Ermordung.
Jahrzehnte später sind diese Erinnerungen in Estevez wieder hochgekommen - und haben ihn veranlasst, ein Drehbuch zu schreiben. Es gelang dem Autor und Regisseur, ein herausragendes Schauspieler-Ensemble zu gewinnen: Angefangen von seinem Vater über Altstars wie Harry Belafonte und Anthony Hopkins bis hin zu großen Leinwanddiven wie Helen Hunt oder Demi Moore bekam er sie alle.
Alles muss mit rein
Leider wuchsen mit den glamourösen Namen auch die Ambitionen des Regisseurs. Scheinehe, Drogenmissbrauch, der Vietnam-Krieg, die Rassenproblematik, Mitbestimmung - kaum ein Thema, das er nicht versucht hätte, in dem Film unterzubringen. Im Wust der vielen parallel laufenden Episoden verheddert sich der Film. Estevez wollte einfach zu viel, hat es ein Stück zu gut gemeint.
So scheitert er daran, seine persönliche Betroffenheit über das Attentat auf Bobby Kennedy dem Zuschauer näherzubringen. Nach den tödlichen Schüssen findet Estevez einfach kein Ende: Immer wieder gleitet die Kamera über den Tatort, zeigt die schmerzverzerrten Gesichter der Menschen, die verletzt am Boden liegen oder um den Präsidentschaftskandidaten trauern.
Hier erlebt der Zuschauer die letzten Zuckungen der guten alten Fortschrittsutopien des 20. Jahrhunderts. Estevez kann sich von ihnen einfach nicht trennen. Angesichts der Ernüchterung und Visionslosigkeit, die sich seit den 70er Jahren in den westlichen Gesellschaften breit machen, ist diese Melancholie sogar verständlich.