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"Bombshell" "Schieb den Rock hoch": Dieser Film zeigt hässliche Wahrheiten über den TV-Sender Fox News

Margot Robbie und Chalize Theron in Bombshell.
Charlize Theron, Nicole Kidman und Margot Robbie sind seit Donnerstag in den Kinos zu sehen. Sie kämpfen in "Bombshell" gegen sexuelle Belästigung. Es ist ein wichtiger Film, der aber auch Schwächen offenbart.

Es ist eine Szene, die sich ins Gedächtnis einbrennt. (Achtung, Spoiler – er endet bei der ersten Zwischenüberschrift.) Da steht sie, die Nachwuchsjournalistin Kayla Pospisil, euphorisch, selbstbewusst, beflügelt, und will den Boss von ihrem Können überzeugen. Doch den interessieren ihre Fähigkeiten nicht. Roger Ailes sitzt vor ihr. Und fordert sie auf, sich zu drehen. Und den Rock nach oben zu schieben. Noch ein Stück höher. Noch ein Stück höher. Die Kamera fokussiert das Gesicht von Margot Robbie, die Pospisil spielt, während sie tut, was der Chef will. Bis er ihr zwischen die Beine schauen kann. Es sind quälend lange Momente, die man als Zuschauer nicht vergessen wird.  Als die junge Frau endlich gehen darf, ruft Ailes ihr noch hinterher, sie könne sich überlegen, auf welche andere Art sie ihm noch ihre Loyalität beweisen könne. Es ist nur schwer zu ertragen.

Ailes erfand Fox News – und wird 20 Jahre später entlassen

Ailes, 2017 verstorben, war Fernsehproduzent, Medienberater der US-Präsidenten Nixon, Reagan und Bush und hob für TV-Mogul Rupert Murdoch Mitte der Neunziger den TV-Sender Fox News aus der Taufe, den er fortan überaus erfolgreich leitete. 20 Jahre später wurde Ailes entlassen.

Moderatorin Gretchen Carlson, dargestellt von Nicole Kidman, war es, die den Skandal öffentlich machte. Sie berichtete, von Ailes sexuell belästigt worden zu sein. Ihre (ehemaligen) Kolleginnen zögerten nach Carlsons Entlassung, viele schwiegen zuerst – auch aus Angst, dass ihre Karrieren enden könnten. Doch nach und nach erhoben sie ihre Stimmen. Auch Megyn Kelly (verkörpert von Charlize Theron). Murdoch zog die Reißleine und setzte Ailes vor die Tür. Nicht ohne ihm eine Abfindung von kolportierten 40 Millionen US-Dollar zu überweisen.

Bombshell Roger Ailes
Im Zentrum des Skandals: Roger Ailes, gespielt von John Lithgow
© Lions Gate/Courtesy Everett Collection / Picture Alliance

Kelly steckte zu jener Zeit mitten in einem Streit mit dem damaligen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump. Die Moderatorin hatte Trump vor laufender Kamera wegen sexistischer Äußerungen zur Rede gestellt. Trump reagierte, wie Trump reagiert. Mit erbitterten Tweets. Unterstützung von Fox News für die eigene Angestellte? Fehlanzeige.

"Bombshell" lässt (zu) viele Aspekte unerwähnt

"Bombshell" bringt viele hässliche Wahrheiten recht eindrucksvoll auf die Leinwand. Mit einer geradezu brüllenden Direktheit, damit auch der naivste Zuschauer die Botschaft versteht und nicht übersehen kann, was sich hinter den Kulissen des TV-Senders zugetragen hat.

Und doch fehlt an vielen Stellen die Tiefe der Charaktere. Denn vor allem Kelly war und ist aufgrund ihrer politischen Ansichten eine höchst umstrittene Persönlichkeit. In den USA sorgte sie für eine Kontroverse, als sie 2013 behauptete, Jesus und Santa Claus seien "definitiv weiß" gewesen. Ein anderes Mal sagte sie, ein afroamerikanisches Opfer von Polizeigewalt sei am Ende selbst schuld am eigenen Tod. Im Film spielt all das keine Rolle. Ebenso wenig wie Ailes' politische Einflüsse und dessen Rolle bei der Wahl Donald Trumps. Das kann für Enttäuschungen bei den Zuschauern sorgen – erst recht, wenn man die grandiose Miniserie "The Loudest Voice" kennt, die Ailes' Leben nachzeichnet und seit September in Deutschland bei Sky Atlantic HD zu sehen ist.

Bombshell
Charlize Theron, Nicole Kidman, Margot Robbie – geballte Star-Power für "Bombshell"
© Lions Gate/Courtesy Everett Collection / Picture Alliance

Charlize Theron: "Dinge gesagt, die mich stören"

Immerhin versucht "Bombshell" nicht, Carlson und Kelly als perfekte, unumstrittene Heldinnen darzustellen. Gemessen am Leid, das sie ertragen mussten, verkörpern Kidman und Theron die beiden Protagonistinnen seltsam distanziert. Theron selbst sagte in einem Interview mit der "BBC", dass sie durchaus Probleme mit Kelly habe: "Sie hat Dinge gesagt, die mich stören."

Auch deshalb solidarisiert man sich als Zuschauer vor allem mit Kayla Pospisil. Sie ist, im Gegensatz zu den anderen beiden weiblichen Hauptfiguren, ein fiktiver Charakter. In ihr vereinen sich diverse Geschehnisse, die im Zuge des Skandals bekannt wurden. Sie ist es, die einem vor Augen führt, was Frauen hinter verschlossenen Türen oft durchleiden müssen. Weshalb "Bombshell", der einen Oscar für das beste Make-up gewann und in weiteren Kategorien nominiert war, einer der wichtigsten Filme des Jahres ist – trotz einiger nicht zu übersehender Schwächen. 

Quellen: "USA Today" / "BBC"

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