"Emmas Glück" Zarte Liebe zwischen Stroh und Schweinen

In "Emmas Glück" spielt neben Jürgen Vogel eine großartige Neuentdeckung: Theaterschauspielerin Jördis Treibel gibt in der skurrilen Märchenkomödie ihr Kinodebüt.

Autoverkäufer Max (Jürgen Vogel) ist geschockt. Sein Arzt hat ihm mitgeteilt, dass ihm wegen einer Krebserkrankung nur noch wenig Zeit bleibt. Also klaut er seinem Freund eine Menge Geld und düst mit dessen Jaguar zum Flughafen, um sein One-Way-Ticket einzulösen. Doch seine Reise führt Max stattdessen auf einen Bauernhof zu Emma (Jördis Triebel), die allein als Schweinezüchterin den alten Hof ihrer Familie betreibt.

Und wie die chaotische junge Landfrau und der introvertierter, krebskranker Autohändler für eine ihnen zugestandene Zeit zueinander finden, das gerät auch auf der Leinwand so gefühlvoll wie skurril, so wehmütig wie abgefahren, so poetisch wie manchmal derb in Ton und Tun.

Ironisch, aber doch sensibel erzähltes Märchen

Der Berliner Regisseur Taddicken, 31, der schon mit surrealen Kurzfilmen und der Behinderten-Komödie "Mein Bruder der Vampir" (2001) auf sich aufmerksam machte, überhöht gern die Wirklichkeit, um Aussagen zur Wahrheit zu machen. In der renommierten Ruth Toma ("Solino","Erbsen auf halb 6") fand er eine ihm entsprechende Drehbuchautorin. Ernsthaft, doch voller Ironie erzählen beide das moderne Märchen von der halsstarrigen Emma, die ihre Sehnsucht nach Emotion vorrangig im Umgang mit ihren Schweinen auslebt, die sie zärtlich schlachtet und zu Wurst verarbeitet. Und vom peniblen Max, den erst die Diagnose der tödlichen Krankheit Geld und einen Ferrari stehlen lässt - und der durch einen Unfall direkt vor Emmas Schlafzimmerfenster landet.

Praktikum auf dem Bio-Bauernhof

Realistische, dabei sehr ästhetische Bilder fangen das Geschehen auf dem Hof ein, den mal flirrende Sonnenstrahlen, mal ein bläulicher Mond in magisches Licht tauchen - das ist auch nötig, denn die Elektrizitätswerke haben der verschuldeten Emma den Strom abgestellt. Vor diesem Hintergrund entfalten die beiden ungemein präsenten Hauptdarsteller ihr kraftvoll sensibles Spiel. Als fulminante Leinwand-Entdeckung entpuppt sich die auf bodenständige Art anmutige Jördis Triebel, 28. Auch bei herben Auftritten - einen Verehrer verscheucht sie mit der Flinte - vermag die angesehene Theaterschauspielerin Gefühl durchschimmern zu lassen. Schon mit 18 Jahren wurde die im Prenzlauer Berg aufgewachsene Ostberlinerin auf der Ernst-Busch-Schauspielschule aufgenommen. Die Stadtpflanze hat für "Emmas Glück", ihrer ersten Kinorolle, Landleben hautnah erlebt: "Das war mir natürlich zunächst eine fremde Welt. Deshalb habe ich drei Wochen Praktikum auf einem Bio-Bauernhof im Münsterland gemacht. Mit allem Drum und Dran: morgens früh aufstehen, Stall ausmisten, bis spät abends arbeiten. Manchmal war mein Kopf leer vor körperlicher Erschöpfung, meine Hände rissig."

Auf jeden Fall hat es sich gelohnt für Jördis Treibel. Es wird wohl nicht die letzte Kinorolle für sie sein. Vor allem, wenn man neben dem unvergleichlichen Jürgen Vogel spielt, der wieder mal sein Naturtalent beweist und mit Leichtigkeit Existenzielles wie Liebe und Tod mit sparsamen Mitteln verdeutlicht. In Nebenrollen setzen auch Nina Petri, Martin Feifel und ganz besonders Hinnerk Schönemann Akzente.

DPA
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