"Midnight in Paris" im Kino Woody Allens Lust auf Romantik und Klischees

Die Komödie "Midnight in Paris" ist Woody Allens größer Kassenhit in Amerika. Die Zeitreise in die Vergangenheit ist ein charmantes Märchen: fantastisch, humorvoll und voller Klischees.
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"Midnight in Paris"

Paris hat es Woody Allen angetan, daran zweifelt keiner, der seinen jüngsten Film "Midnight in Paris" gesehen hat: eine romantisch verklärte Komödie, vor allem aber eine wahre Liebeserklärung an die Stadt der Lichter. Seine Zeitreise in das Paris der 20er Jahre ist ein wunderbares Märchen, das auch als solches verstanden werden muss. Wer hofft, in der Komödie, in der Ernest Hemingway, Scott Fitzgerald und Pablo Picasso wieder zum Leben erweckt werden, auch einen der besten Filme des amerikanischen Altmeisters zu entdecken, wird wohl enttäuscht.

Schließlich werden Allens Biss und Tiefenpsychologie durch Glanz und Glamour ersetzt. Der 75-Jährige gibt sich in dem charmanten Fantasy-Streifen lustvoll zahlreichen Klischees hin. Ein Film, der keinen anderen Anspruch erhebt, als schön und unterhaltsam zu sein.

Paris, die Metropole der Idole

Das amerikanische Paar Inez und Gil macht in der Stadt der Liebe Urlaub. Gil (Owen Wilson) ist ein erfolgreicher Hollywood-Drehbuchautor, der jedoch von einer Karriere als Schriftsteller träumt. In Paris, der Metropole seiner Idole, hofft er, Inspiration, Anregung und einen Neuanfang zu finden.

Einziges Problem: Inez (Rachel McAdams) bringt den Berufswünschen ihres Verlobten nur wenig Verständnis entgegen und will zusammen mit ihren reichen Eltern in Paris lieber shoppen und sich amüsieren. Als Gil eines Nachts allein durch die Straßen von Paris schlendert, hält plötzlich eine alte Limousine vor ihm. Die Insassen fordern ihn auf einzusteigen. Die Geschichte einer wunderbaren (Zeit-) Reise beginnt, auf der er Ernest Hemingway, Salvador Dalí, Pablo Picasso, Gertrude Stein und Cole Porter trifft.

Ein Märchen beginnt

In dem Eröffnungsfilm des diesjährigen Festivals in Cannes ist Allen ebenso verliebt in Paris wie sein Protagonist Gil. Alles ist wunderbar: die engen Gassen, Brücken, der Regen und vor allem die Vergangenheit. Ein Romantiker und Nostalgiker, der der Wirklichkeit und dem Alltag entflieht, so wie die Protagonistin in Allens Tragikkomödie "The Purple Rose of Cairo" (1985), in der sich die Serviererin Cecilia in den Hauptdarsteller eines Melodramas verliebt, der plötzlich aus der Leinwand steigt.

Die Kultur-Elite, der Gil auf seinen nächtlichen Ausflügen begegnet, ist mit entsprechend renommierten Namen besetzt. Dalí wird witzig und humorvoll von Adrien Brody verkörpert und die überaus attraktive Adriana und Muse Picassos, in die sich schließlich auch Gil verliebt, von Marion Cotillard. Dass Allen Carla Bruni-Sarkozy, die Frau des französischen Präsidenten, in einer Nebenrolle als Fremdenführerin auftreten lässt, hatte im Vorfeld zwar die Werbetrommel stark angerührt, doch die Rolle ist für die First Lady von Frankreich wohl kein Startschuss für eine neue Karriere, auch für den Film ist ihr Auftritt keine Bereicherung.

"Midnight in Paris" ist gutes Unterhaltungskino und führt den Besucher für knapp zwei Stunden in eine märchenhafte Welt. Schade nur, dass der Film in seiner Darstellung von Paris und den 20er Jahren zu klischeelastig geraten ist, und dass Hemingway, Dalí und Picasso eine reine Reproduktion von Stereotypen sind. Aber es ist eben auch nur ein Märchen.

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Sabine Glaubitz, DPA

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