Cannes-Tagebuch Gehässigkeiten mit George, Brad und Matt

Ein Filmkritiker hat es nicht leicht: Während auf den Boulevards von Cannes die Schönheiten flanieren, muss er gedankenschwere Filme ansehen - da ist es nur recht, wenn George Clooney, Brad Pitt und Matt Damon bei der Vorstellung ihres Films "Ocean's Thirteen" zur Hochform auflaufen.

Wer einen Filmjournalisten einmal richtig glücklich machen will, ihm ein Strahlen ins Gesicht zaubern und ihn mit einer etwas überhitzten Leichtigkeit durch den Rest des sonst so stressigen Tages schicken will, dem sei folgende Vorgehensweise empfohlen: Fliege ihn nach Südfrankreich, wo sich in einem ehemaligen Fischerdorf alljährlich die Kinobranche selbst feiert. Dreh die Sonne auf 30 Grad, wirf weiße Boote auf die azurfarbenen Wellen und bevölkere die Straßen mit langbeinigen Frauen, die wohl schon seit Jahren keine feste Nahrung mehr zu sich genommen haben (meine Figur!). Und gepflegt gebräunte Männer, die sich morgens nur zwischen Lamborghini oder Ferrari entscheiden müssen.

Austern und Champagner umsonst

Veranstalte ein paar Partys, wo viele dieser exemplarischen Menschen verzückt die Hüften und die Diamanten wiegen. Partys in Villen mit Meerblick und Privatpool und Gartenanlagen, die man in Deutschland als Naturschutzgebiet ausweisen würde. Natürlich sind die Austern und der Champagner umsonst.

Und nachdem der Filmjournalist einen zähen ungarischen Kunstkrimi ("The Man From London") durchlitten hat, und zweieinhalb Stunden koreanische Frauenleiden inklusive Gattentod, Kindesentführung und christlicher Erweckung ("Secret Sunshine"), terminiere an einem heißen Wochentag, nachmittags um halb drei eine Pressekonferenz. Eine Pressekonferenz, die lustiger und unterhaltsamer ist als alle Filme, die man bisher im Programm sehen konnte. Eine Pressekonferenz, PK wie wir Eingeweihten sagen, mit "George, Brad & Matt". Könnte sich dieses Markenzeichen bitte schnell jemand eintragen lassen?

Soderbergh stellte "Ocean's Thirteen" vor

Der Anlass der denkwürdigen Veranstaltung war eigentlich recht banal: Steven Soderbergh hat tatsächlich noch eine weitere Fortsetzung seines eleganten Gauner-Schwanks "Ocean's Eleven" gedreht und hat sie tatsächlich "Ocean's Thirteen" genannt. Selbst an der zunehmend redundanten Handlung musste nicht mehr viel geschraubt werden. Eine Gruppe kluger und spezialisierter Ganoven will ein Spielcasino in Las Vegas übers Ohr hauen. Diesmal immerhin mit humanistischer Note: Danny Oceans alter Kumpel und Mentor wurde von einem der neuen Vegas-Obermacker eiskalt abserviert und liegt nun mit Herzproblemen darnieder. Rache ist bekanntlich süß.

Wie gehabt: Teure Anzüge, lässige Sonnenbrillen, Luxushotels, deren außerweltlicher Prunk auch Ludwig XIV. beeindruckt hätte. Und alle sind sie wieder mit von der Partie: George Clooney, Brad Pitt, Matt Damon, Don Cheadle, Andy Garcia, Bernie Mac, Casey Affleck und so weiter. Als extra Prise Glamour gibt es außerdem wichtige Rollen für Al Pacino (leider nicht in Cannes) und Ellen Barkin.

Zwei Stunden amüsanter Zeitvertreib

Das sind auch diesmal wieder gut zwei Stunden amüsanter Zeitvertreib. Das Drehbuch unternimmt überhaupt keine Anstrengungen mehr, der beliebten Herren-Riege zu viele Steine in den Weg zu legen. Keine Kapriolen, keine Umleitungen. Ein ganzes Casino manipulieren und verwirren, notfalls sogar mit einem künstlich erzeugten Erdbeben, ein Dutzend flotter Sprüche: Fertig ist der Erfolgslaube Made in Hollywood.

"Was bin ich froh, dass Sie eine Frage zum Skript stellen", witzelte dann auch ein blendend gelaunter Clooney zu Beginn einer PK, die den Unterhaltungswert des Films locker übertrumpfte. "Es ist eines der besten Drehbücher aller Zeiten. Wir verstehen selbst nicht, warum wir hier nur außerhalb des Wettbewerbs laufen. Es muss doch in Cannes eine Kategorie geben, die wir gewinnen können."

Gehässigkeiten und Beleidigungen

Ernsthaft gefragt, ob der chinesische Kletterkünstler im Film, der kein Wort Englisch spricht, nicht eine Beleidigung für alle Asiaten wäre, tauschten die Anwesenden munter weitere Gehässigkeiten aus: Die künstliche Hakennase von Damon, die "alte Dame" Barkin, die "afro-disierende" Wirkung von Cheadle. Soderbergh: "Wir haben es hier mit einem Beleidigungsfilm für alle Seiten zu tun."

Brad Pitts Antwort auf die selten dämliche Frage, wie es sich anfühlt, Brad Pitt zu sein: "Hungrig". Damons Antwort auf die Frage nach dem ebenfalls bereits dritten Teil seiner Bourne-Agentenreihe: "Ich fühl mich ein wenig wie eine Hure, weil ich innerhalb eines Jahres zwei mal eine Nummer Drei herausbringe." Darauf Clooney: "Besser als drei mal Nummer Zwei." Clooneys weitere Pläne: Nicht heiraten, mehr Musicals machen und ein weiterer Ocean's-Teil: "Diesmal werden alle Rollen von Kindern gespielt."

Ganz großes Unterhaltungskino, diesmal ohne Leinwand, enge Sessel und ungeduschte Nachbarn. Manchmal sind auch Filmjournalisten ziemlich einfach glücklich zu machen.

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