Richtig gute Horrorfilme sind so rar gesät wie gute Currywurstbuden in der Berliner Innenstadt. "Final Destination" gehört sicherlich zu den Schockern jüngerer Generation mit dazu, die sich der Horrorfreund unbedingt einmal angesehen haben muss. Der Film kam am 17. März 2000 in die Kinos und erzählte die Geschichte einer amerikanischen Schulklasse, die mit Flug 180 nach Paris durchstarten sollte.
Der Held des Films, selbst Schüler an Bord des Flugzeugs, hat plötzlich eine beklemmend realistische Vision von den Geschehnissen der nächsten zehn Minuten. Am Ende sieht er das frisch gestartete Flugzeug in der Luft explodieren. Panikerfüllt flüchtet er aus dem Flugzeug und reißt noch ein paar Mitschüler und eine Lehrerin mit sich ins Freie. Das Flugzeug startet ohne sie - und explodiert wie vorhergesagt.
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Doch der Tod lässt sich nicht gerne austricksen. Auf äußerst einfallsreiche Art und Weise verstrickt er die Überlebenden in "Unfälle" - und lässt sie so mit Verspätung doch noch sterben.
Die geniale Idee des Films und natürlich die mehr als überzeugenden Umsätze an der Kinokasse haben dafür gesorgt, dass Teil 2 nicht lange auf sich warten ließ. Craig Perry produzierte den Film, Regisseur David R. Ellis nahm hinter der Kamera Platz. Zwei neue Drehbuchautoren vervollständigten das frische Team - und sorgten in "Final Destination II" für viele Déjà-vu-Erlebnisse, aber auch für etliche neue Horrorsituationen.
Splatter auf dem Highway
Der neue Film startet mit einer ähnlichen Situation wie der erste, um die Serie stilecht fortzuführen. Er entwickelt aber schon bald ein ganz eigenes Profil. Kimberly Corman (A. J. Cook) knabbert immer noch am Tod ihrer Mutter, die vor einem Jahr gestorben ist. Trotzdem beschließt sie, mit ihren Freunden das Spring-Break-Festival zu feiern.
Gemeinsam springen sie ins Auto und rollen auf den Highway 23 - vor sich ein entspanntes Wochenende ohne Eltern. Der Regisseur gönnt sich endlose Minuten, um peu à peu ein überzeugendes Horrorszenario zu entwickeln. Er zeigt das Auto der Freunde, wie es über den Highway rollt. Ein Motorradfahrer zischt vorbei, ein drogensüchtiger Spinner wird überholt. Ein Polizeiauto fährt hinter ihnen; Zeit, den brennenden Joint zu beseitigen. Eine Managertochter mit ihrem Sohn ist in einem Auto zu sehen, hinzu kommt auch noch ein Wagen mit einer hochschwangeren Frau an Bord.
Als ein Truck mit einer Ladung gefällter Bäume nach einer Abfolge haarsträubender Zufälle plötzlich außer Kontrolle gerät, kommt es zur minutiös geplanten Massenkarambolage, in der alle zuvor vorgestellten Personen auf ziemlich entsetzliche Art und Weise ihr Leben verlieren. Die dabei präsentierte Splatterorgie gehört sicher zu den überzogendsten Gewaltszenen, die seit langer Zeit im Kino gezeigt wurden. Trotzdem zeigt sich schon hier ein gehöriges Potenzial schwarzen Humors bei den Filmemachern: Sie schaffen es in "Final Destination II" wie bereits im ersten Teil, den Horror immer auch ein wenig komisch erscheinen zu lassen. Auch wenn das Lachen des Zuschauers stets eine leicht hysterische Note aufweist.
Der Clou: Der ganze Unfall war nur eine Vision, die Kimberly am Steuer ihres Wagens ereilt. Entschlossen reißt sie das Steuer herum und blockiert die Auffahrt zum Highway, noch bevor sie ihn wie in ihrer Vision befährt. Während sie sich noch weigert, die Straße wieder freizugeben, rast auch schon der Truck an ihr vorbei und es kommt zur eben noch gesehenen Massenkarambolage. Das Problem: Kimberly hat nun viele Menschen davor gerettet, mit in den Flammen des Unfalls zu verbrennen. Noch vor Ort schlägt der Tod zu, um seinen geplanten Ablauf doch noch zu gewährleisten: Kimberlys Freunde sterben, nur sie selbst kann von einem beherzt zugreifenden Polizisten noch gerettet werden.
Keine Rettung möglich
Schon bald finden sich acht Überlebende zusammen, die sich nur zu gut erinnern, was vor einem Jahr beim Flug 180 passiert ist. Sie beschließen, einander beizustehen. Und schaffen es sogar, Clear Rivers (Ali Larter) aus dem Sanatorium herauszulocken. Die einzig Überlebende aus dem ersten Teil des Films hatte sich in eine Gummizelle zurückgezogen, um dem Tod nur ja keine Angriffsfläche zu bieten.
Doch alle guten Pläne nützen nichts. Einmal mehr verbiegt der Tod die Gesetze der Wahrscheinlichkeit, um Murphys Gesetz in die Realität umzusetzen: Shit happens. Und so darf sich der Horrorfreund einmal mehr über die kunstvoll arrangierten Unglücke freuen, die zum Tod der Hauptpersonen führen. Einer der Überlebenden bleibt etwa mit der Hand im Küchenabfluss stecken, während ein Topf auf dem Herd Feuer fängt - und er viel zu weit vom Herd entfernt steht, um das Feuer noch zu löschen. Die Unglücke sind mit viel Sinn für Schwarzen Humor entwickelt worden und spielen damit, dem Opfer immer noch etwas Leine auf den letzten Metern zu geben: So überleben sie meist die primäre Bedrohung, um dann im zweiten Streich alle viere von sich zu strecken.
Damit "Final Destination II" nicht zum "Zehn-kleine-Negerlein"-Spektakel verkommt, gibt es im Film noch mehr zu bestaunen als eine Metzelszene nach der anderen. Die Überlebenden suchen einmal mehr nach einer Möglichkeit, um den Tod auszutricksen. Und so besuchen sie wieder den unheimlichen Leichenverheizer im Krematorium. Tony Todd spielt wie im ersten Teil den Bestatter William Bludworth, der den Zuschauer an einen leibhaftig gewordenen Tod erinnert. Er gibt den Überlebenden den entscheidenden Tipp: Der Plan des Todes kann nur dann durchkreuzt werden, wenn aus dem Tod neues Leben entsteht.
Doch was soll das bedeuten? Während die Todgeweihten noch kräftig grübeln, wird Kimberly von immer neuen Schreckensvisionen heimgesucht. Langsam dezimiert sich die Schar der Überlebenden und es bleibt nicht mehr viel Zeit, um das Rätsel zu lösen.
Die Kreise des Todes
Der zweite Film bietet mehr Horror und zugleich auch deutlich mehr Action. Zugleich geht er aber noch mehr in die Tiefe und zeigt mehrere ineinander verschlungene Kreise des Todes auf, deren Existenz zum hemmungslosen Philosophieren einlädt. Unheimlich ist etwa, dass alle Überlebenden vom Highway auf die eine oder andere Weise etwas mit den Toten aus dem ersten Film zu tun haben.
Hätten sie vielleicht alle schon viel früher sterben müssen, wenn nicht die Überlebenden aus dem ersten Film ihr Leben in irgendeiner Weise noch entscheidend beeinflusst hätten? Ist der ganze Unfall auf dem Highway etwa nur der Versuch des Todes gewesen, seine klammheimlich erweiterte Liste mit "Acht auf einem Streich" abzuarbeiten? Dieser Gedanke wird stetig weiterentwickelt. So retten die Überlebenden in Teil 2 etwa einem kleinen Jungen das Leben. Wird der Tod auch hier einschreiten, um den Fauxpas schnell wieder zu beheben? Ein spannendes Konzept.
Grusel total
"Final Destination II" ist nicht weniger spannend als der erste Teil. Der Horrorfetzen bietet genau die Szenen und Spannungselemente an, die bereits im ersten Film überzeugt haben - nur eben geschickt variiert. Die neuen Hauptdarsteller sorgen außerdem für frisches Blut. Im wahrsten Sinne des Satzes.
Die DVD zum Film, dieses Mal nicht mehr von Kinowelt, sondern von Warner herausgegeben, bietet ein solide scharfes Bild und einen krachenden Sound. Interessant sind auch die Extras der Scheibe. So findet man hier einen Originalkommentar der Filmemacher, nicht verwendete oder gar alternative Szenen, eine Dokumentation zum Film, einen Blick hinter die Kulissen, Musikvideos, Trailer und ein verstecktes Easter Egg vor.
Carsten Scheibe