Zwei Mal guckt man hin und erkennt dann, dass die vermeintlichen Reste eines Stahlgerüsts auf dem Filmplakat wohl doch eher Gras sein sollen. Aber die Konnotation ist eben da und offenbar auch gewollt. 9/11 ist endlich mal eine Referenz, mit der alle etwas anfangen können. Weder ein Weltkrieg noch Hungersnöte oder gar die russische Bedrohung taugen noch für das Endzeit-Lied. Aber der Terrorismus, auf dieser Klaviatur kann Hollywood wunderbar spielen.
Dabei kommt er im Endzeit-Kammerspiel "I Am Legend" gar nicht explizit vor, auch wenn er als große Metapher wie ein Schatten über der Geschichte des letzten Menschen auf Erden schwebt. Der heißt Robert Neville, ist Militär-Virologe und betont immer wieder, dass New York sein Ground Zero sei. Und den werde er nicht verlassen, bis er "die Dinge wieder in Ordnung gebracht hat".
Auf der Suche nach dem "Anti-Anti-Virus"'
Angefangen hat alles mit der Heilung von Krebs. Eine Manipulation des Masernvirus sollte die Krankheit ein für alle Mal erledigen, doch erledigte sie stattdessen die Menschheit. Wer nicht gleich an der Infektion mit dem mutierten Virus starb, wurde zum lichtscheuen, vampirähnlichen Monster - oder von solchen gefressen.
Deshalb muss Neville sich des Nachts auch in seinem Haus verschanzen, in der Hoffnung, dass die blutrünstigen Kreaturen ihn nicht finden. Tagsüber streicht er mit seinem Schäferhund Sam auf der Suche nach Nahrung durch die Stadt oder forscht im Labor nach einem "Anti-Anti-Virus".
Alle sozialen und kulturellen Werte, fast alle Errungenschaften haben ihre Bedeutung verloren. Die Bilder vom menschenleeren, bedeutungslosen New York sind ebenso beeindruckend wie die schauspielerische Leistung Smiths, der niemanden hat, um seine Charakterzeichnung zu spiegeln.
Charakterstudie im Actionfilm
Die leere Stadt sei der Motor der Geschichte gewesen, sagte Drehbuchautor Akiva Goldsman anlässlich der Filmpremiere in Berlin. "Aber die größte Herausforderung war es, nur für einen einzigen Schauspieler zu schreiben, der dazu kaum Worte zu sagen hat. [...] Das Publikum muss sich auf den Film einlassen, nicht der Film auf das Publikum. Es ist uns gelungen, eine Charakterstudie in einen Actionfilm zu schmuggeln."
Und Smith überzeugt als letzter Mensch, der zwischen Überlebenswillen, Wahnsinn und dem letzten Rest Smith'schen Humor schwankt. Dazu braucht es manchmal nicht einmal den Hund.
Und was sagt uns diese dritte Verfilmung des Science-Fiction-Klassikers von Richard Matheson aus dem Jahre 1954? Es geht wie immer um Hoffnung, die einzige Waffe gegen den unfassbaren Horror der Unendlichkeit. Denn - und dafür findet "I Am Legend" beeindruckende Bilder: Es wird immer weiter gehen, auch ohne Menschen. Die einfachste Variante der Hoffnung ist der Glauben, aber natürlich der "richtige". Womit wir wieder beim Terrorismus wären.