Sein Name ist untrennbar mit der Oscar gekrönten Literaturverfilmung "Die Blechtrommel" verbunden. 25 Jahre nach dem Welterfolg ist Regisseur Volker Schlöndorff, einer der bedeutendsten Vertreter des deutschen Nachkriegsfilms, seinem Metier zwar immer noch treu. Kurz vor seinem 65. Geburtstag an diesem Mittwoch zog es Schlöndorff jedoch ans Theater, das er zu seinem zweiten Standbein machen will.
Am Berliner Renaissance-Theater zeigt er zurzeit mit seinem "Blechtrommel"-Helden Mario Adorf in der Hauptrolle die Komödie "Enigma" - Schlöndorffs erst zweite Theaterarbeit überhaupt. "Die versteckte Größe eines Filmemachers liegt in der Schauspielerführung", sagt Schlöndorff im dpa-Gespräch. "Das kann man am besten immer mal wieder am Theater ausleben." Das Bühnen-Engagement soll keine Eintagsfliege bleiben: "Das ist kein Lückenfüller zwischen zwei Filmen", betont der Regisseur, der auch Opern-Erfahrung hat.
Nicht immer mit Samthandschuhen angefasst
Mit der deutschen Filmszene ist Schlöndorff, der von Publikum und Kritik in der Vergangenheit nicht immer mit Samthandschuhen angefasst worden ist, im Moment nicht zufrieden. "Wir sind alle in der sehr frustrierenden Lage, dass es mindestens ein Jahr dauert zwischen dem Moment, in dem das Drehbuch fertig ist, bis man drehen kann - bis nämlich die Runde aller Förderer gemacht ist." Bis dahin sei aus dem kreativen Prozess des Filmemachens oft schon wieder die Luft raus.
Er selbst habe mit seinem neuen Film "Der neunte Tag" (Kinostart im September) allerdings gerade das Gegenteil erlebt, innerhalb von acht Wochen konnten die Dreharbeiten beginnen. Der Film mit Ulrich Matthes und August Diehl erzählt eine Geschichte aus dem KZ Dachau. Für Schlöndorffs lange Jahre vorbereitetes Filmprojekt "Die Päpstin" soll im nächsten Jahr Drehstart sein.
Das Publikum hat keine Auswahl mehr
Das Fernsehen mit seinen Liebesschnulzen und Krimis mache es den Regisseuren schwer, Filme mit Anspruch zu machen, beklagt Schlöndorff. "Meine frühen Filme und die von Hauff, Herzog und Fassbinder wurden damals zur Primetime gesendet." Die Angleichung der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten an die Privaten habe jedoch dazu geführt, dass das Publikum keine Auswahl mehr habe. "Hier sind Strukturen verändert und Schwerpunkte versetzt worden, die einem innovativen deutschen Kino den Boden entzogen haben."
Schlöndorff hat wie kaum ein anderer deutscher Regisseur die Höhen und Tiefen des Filmgeschäfts durchlebt. Der am 31. März 1939 in Wiesbaden Geborene begann seine Karriere als Regieassistent von Louis Malle und Alain Resnais. Seinen ersten internationalen Erfolg feierte er 1966 mit "Der junge Törless". Die Verfilmung von literarischen Vorlagen wurde zu Schlöndorffs Markenzeichen. Den Durchbruch in Deutschland schaffte er mit dem Film "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" (1975) mit Mario Adorf nach Heinrich Böll. Den Streifen drehte er zusammen mit Margarethe von Trotta.
Fünf Jahre in den USA
Seinen größten Triumph feierte Schlöndorff mit der Verfilmung des Günter-Grass-Romans "Die Blechtrommel", für die er 1980 mit dem ersten Oscar für Deutschland seit 1927 ausgezeichnet wurde. Fünf Jahre lang lebte der Regisseur in den USA, wo er "Tod eines Handlungsreisenden" (1985) mit Dustin Hoffman und "Die Geschichte der Dienerin" (1990) auf die Leinwand brachte.
Nach seiner Rückkehr erlebte er mit dem 1995 gedrehten Film "Der Unhold" nach Michel Tourniers Roman "Der Erlkönig" dann die vielleicht größte Niederlage seiner Karriere - der Film war ein Misserfolg bei Publikum und Kritik. Auch der in den USA entstandene Thriller "Palmetto" (1998) fiel weitgehend durch. Von 1992 bis 1997 leitete Schlöndorff als einer von zwei Geschäftsführern das Studio Babelsberg auf dem Gelände der ehemaligen Ufa- und DEFA-Filmstudios in Potsdam. In dem auch im Berlinale-Wettbewerb gezeigten RAF-Film "Die Stille nach dem Schuss" setzte sich Schlöndorff im Jahr 2000 erneut mit der deutschen Geschichte auseinander.