"Live 8" Viel Lärm um Vieles

Viele Menschen kamen am 2. Juli an die Siegessäule in Berlin wegen der Musik. Die eigentliche Nachricht des Live-8-Konzerts vermischte sich unscheinbar mit dem Duft von Essen und Klängen von Gitarren.

Geschätzte 200.000 Menschen, jung und alt, strömten am Samstag auf die Straße des 17. Juni in Richtung Siegessäule. Bereits Stunden vor dem Auftritt der ersten Band machten es sich Jugendliche, Eltern mit Kindern im Schutz der Bäume des Tiergartens gemütlich. Die Stimmung war angenehm friedlich, sogar als die Toten Hosen mit ihrem Lied "Pushed again" die Menge anfeuerten.

Während Juli auf die Bühne kamen, wurden einige derer, die den Fans in den Tiergarten ausgewichen waren, etwas unruhig. "Es ist zwar schön für die jungen Leute solche Musik hier zu haben, aber ich glaube kaum, dass es den Menschen in Afrika hilft", sagte eine Frau aus Berlin. "Aber ein Schuldenerlass ist doch ein Anfang", sagte ihr Freund. "Irgendwann müssen die reichen Länder doch mal damit anfangen". Währenddessen, weiter hinten im Park, hatte sich bereits eine "Friedens-Polonaise" gebildet, die immer länger wurde. Die zwei Berliner hatten keine andere Wahl, als sich der Spaß-Parade anzuschließen.

Nur wegen der Musik da

Die Mehrheit der Besucher war anscheinend nur wegen der Musik nach Berlin gekommen. Wann sieht man schon mal die Hosen, Greenday und A-ha auf einer Bühne? Viele trugen T-Shirts mit Bandnamen und verließen kreischend den Park, als ihre Lieblingsband auf die Bühne kam. Obwohl im Hintergrund der Bühne immer wieder Aufrufe zum Schuldenerlass für Afrika über einen überdimensionalen Ticker liefen und Michael Mitterrmaier als Pausenclown auf den eigentlichen Grund dieses Konzerts hinwies, schien es nicht sonderlich viele zu interessieren.

Als das Motto "Make Poverty History" über den Ticker lief, fing eine Gruppe aus Hamburg an laut zu diskutieren. "Die Armut ist mit diesem Konzert doch nicht zu Ende", sagte einer. "Und wenn die Schulden erlassen werden, dann sind noch genauso viele Menschen arm", stimmte sein Freund zu. "Man müsste echt nach Edinburgh gehen und dort friedlich demonstrieren". In diesem Moment kam Mittermaier wieder auf die Bühne und erzählte etwas von einem "Long walk of justice" von Berlin nach Edinburgh zum G-8-Treffen, der am Sonntag um 10 Uhr losgehe.

Grönemeyer singt zum Schluss

Als es dunkel wurde, schien der Menschenauflauf vom Brandenburger Tor zur Siegessäule immer noch endlos. Während einige sich auf den Heimweg machten, kamen andere wieder zurück aus der Stadt oder dem Park. Den Abschluss des Abends bildete der Auftritt Herbert Grönemeyers. Einige etwas ältere Fans genossen die letzten Bratwürste zu den Klängen von "Bochum". Es war ungefähr 2.30 Uhr als auf der Bühne die Musik ausging.

Dass ein Konzert gegen den Welthunger mit einer "Regionalhymne" wie Bochum abgeschlossen wurde, schien wenige zu stören. Man hatte den ganzen Tag für den guten Zweck gerockt und mitgesungen. Als die Menge der Siegessäule den Rücken zu kehrte, hörte man noch "Perfekte Welle" - oder "Wünsch dir was"-Gesänge. Politische Parolen blieben aus.

Niklas Werklund

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