In den seltensten Fällen wird man hinter Gittern zum Superstar - wenn man nicht gerade Paris Hilton heißt und einen Aufenthalt im Knast für Publicity nutzt. In einem philippinischen Gefängnis auf der Insel Cebu erleben jedoch gerade rund 1.600 Insassen die Wandlung vom Knasti zum Internetstar. Grund ist die etwas andere Beschäftigungstherapie, mit der Gefängnisdirektor Byron Garcia einen Stein ins Rollen brachte. Zu Michael Jackson und Queen tanzen sich Mörder, Dealer und Diebe in ungewöhnlicher Harmonie den Frust von der Seele und sollen so resozialisiert werden.
Handzahme Schwerverbrecher
Vor drei Jahren ging es im Gefängnis von Cebu noch um einiges rauer zu. Schlägereien und Aufstände waren an der Tagesordnung. Cebu, ein Problemknast wie er keine Seltenheit auf den Philippinen ist. Als sich die Aufseher kaum noch durch die Gefängnisgänge trauten, wurde der Sicherheitsberater Byron Garcia ins Boot geholt und als neuer Direktor ernannt.
Beschäftigungs-Therapien wie Yoga oder Stricken wollte Byron den harten Kerlen im Knast nicht antun. Als großer Musikfan wollte er lieber so richtig die Puppen tanzen lassen. Zu allererst wurde eine Tanzlehrerin engagiert. Seit Gwen Lador nun hinter den Gittern von Cebu den Takt angibt, hat sich einiges geändert. Keine Gewaltausbrüche mehr, keine Langeweile, die die Insassen auf wilde Gedanken bringt. Mindestens fünfmal die Woche wird trainiert. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen.
Dass das gemeinsame Tanzen eine resozialisierende Wirkung hat, war bereits 2004 in dem vielfach prämierten deutschen Dokumentarfilm "Rhythm is it!" zu beobachten. Darin starteten die Berliner Philharmoniker gemeinsam mit Chefdirigent Sir Simon Rattle ein Großprojekt mit 250 Kindern und Jugendlichen aus "Problemschulen". Gemeinsam mit Choreograf Royston Maldoom studierten Kinder aus 25 Nationen die Aufführung von Igor Stravinskys Ballett "Le sacre du printemps" ein.
Internetstars dank YouTube
Sowohl an den Berliner Schulen wie auch in dem philippinischen Gefängnis war zu beobachten, wie sich die Stimmung zwischen den Tänzern veränderte. Ihr Selbstbewusstsein wurde gestärkt, Freundschaften geschlossen, ein Gemeinschaftsgefühl entwickelt, Streitereien rückten in den Hintergrund. Was zählte, war der Spaß am Tanzen und ihr gemeinsamer Erfolg.
Begeistert und vor allem stolz auf sein Projekt stellte Gefängnisdirektor Byron Garcia die Clips von den Showeinlagen seiner Häftlinge auf die Internetseite YouTube. Mittlerweile haben über zehn Millionen Menschen die Videos angeklickt - und die Fangemeinde wächst. Dies ist ein Ansporn für die sportlichen Knastis immer ausgefallenere und spektakulärere Choreografien zu entwickeln. Familien und Gäste, die vorher am liebsten einen weiten Bogen um die Haftanstalt gemacht hätten, kommen jetzt gerne jeden Sonntag nach Cebu, um die neuesten Steps und Grooves zu bewundern.
Ob sich Michael Jackson und Co. auch positiv auf die Zukunft der Häftlinge auswirkt, kann man noch nicht sagen. Fakt ist jedoch, dass von den entlassenden Knasttänzern bisher nur die wenigsten wieder straffällig geworden sind.