BRYAN FERRY Mit Stil in die 70er und zurück

Beim Auftakt seiner Deutschland-Tournee führte der britische Barde Bryan Ferry seine Fans mit Stil in die 70er Jahre. Nur sein schneller Abgang war wenig gentlemen-like.

Drei Jahrzehnte umspannt die Karriere des Bryan Ferry, und viele seiner Fans von heute waren längst im Besitz eines Plattenspielers, als Roxy Music die biedere Szene der 70er Jahre aufmischte. So wurde das Konzert im Hamburger Stadtpark zum Auftakt seiner Deutschlandtournee nicht nur für Ferry zeitweise eine Reise in die eigene Geschichte, aufgepeppt mit neuen Stücken aus dem aktuellen Album »Frantic« - ein lauer Freitagabend mit Stil und Klasse, unaufgeregt, und zu spät nach Hause kam auch niemand.

Grenze zum Kitsch überschritten

Am Anfang sah es aus, als wollte Ferry, der »Händler starker Gefühle«, zu einer Parodie seiner selbst ansetzen. Mit sanften Geigenstrichen und süßen Harfenklänge war die Grenze zwischen Kunst und Kitsch, auf der er wie kein zweiter balancieren kann, eindeutig überschritten. Mit der neuen Cover-Version von Bob Dylans »Don?t think twice« zeigte der 56-Jährige, dass er zwar besser singen kann als der Altmeister, aber nicht so gut die Blues Harp blasen. Im glänzend schwarzen Outfit elegant wie eh und je, irgendwie vornehm, schien er nur ein paar bekannte Posen zu zelebrieren.

Gerade noch die Kurve gekriegt

Doch bevor die Wunderkerzenschwenker in Aktion treten konnten, wurde die Harfe weggeräumt, die blonde Schöne, die zuvor die Saiten gezupft hatte, wechselte zu den Percussions und ab ging die Post. »Love is the drug«, »Do the strand« und andere Klassiker kamen frischer daher, als man sie in Erinnerung hatte. Perfekter Sound und eine feine Lightshow taten das ihre, um Bewegung in das etwas müde Publikum in der nicht ganz ausverkauften Freilichtarena zu bringen.

»Cover-Versionen sind neue Songs«

In diesen Momenten blitzte die Klasse dieser Musik, und wir erinnern uns, dass Ferry seit »Virgina Plain« 1972 Popgeschichte geschrieben hat. Dieses Kind armer Leute aus dem englischen Norden ist mehr als ein »Großmeister des Stils«, mehr als der »Große Gatsby der Musikszene«. Wie kaum ein zweiter haucht er, so bei »Let?s stick together« gerade Songs aus der Feder anderer neues Leben ein. »Für mich sind Cover-Versionen viel mehr als nur eine andere Gesangsstimme. Das sind neue Songs«, sagte er einmal.

Ein kurzes Vergnügen

Endlich zuckten ein paar Tanzbeine, der Rhythmus wurde schneller, und der messerscharfe Sound der Gitarren schnitt durch den Abendhimmel. Aber dann nahm Ferry schon wieder das Tempo raus, beim wunderschönen »Jealous Guy« wurde allen warm ums Herz, doch der berühmte Funke wollte so richtig nicht mehr springen. Nach exakt 90 Minuten einschließlich Zugabe war alles vorbei - manche mochten es gar nicht glauben.

Thomas Lanig, dpa

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