Robbie, Robbie, Robbie. Der ehemalige Teenie-Star und Fußballfan hat den Hattrick auf der Karriereleiter geschafft: Popstar, Entertainer, Swing-König. Mit dem lang anhaltenden Verkaufserfolg der Frank-Sinatra-Hommage »Swing When You're Winning« überstrahlt er die herausragenden Produktionen des Rockpop-Jahres 2001. Der Boom am Neuen Markt für Boy- und Girlgroups ging dagegen zu Ende. Den Sommerhit landete Shaggy mit »Angel«. Und Destiny?s Child stiegen endgültig in die erste Liga der R&B-Diven auf.
Madonna, Königin der Konzerthallen
Erfolgreichste Tour-Acts waren Madonna, U2 und Depeche Mode. Madonnas High-Tech-Produktion sorgte wie wenige andere Pop-Attraktionen wochenlang für Gesprächsstoff, U2s Rückkehr zu einer schlichteren Bühnenshow zeigte als Kontrapunkt, dass weniger auch mehr sein kann. Depeche Mode gaben wegen der großen Nachfrage sogar noch Zusatzkonzerte. Ein überraschendes Comeback gelang dem schwedischen Duo Roxette, das mit »Room Service« an alte Erfolge anknüpfen konnte.
Jacko nur mit kurzem Erfolg
Dem »King of Pop« gelang das nur bedingt. Erwartungsgemäß stieg Michael Jacksons lang erwartetes Album »Invincible« in vielen Ländern auf Platz eins der Verkaufscharts ein. Aber es wurde relativ schnell nach unten durchgereicht. Das nicht selten zu beobachtende Phänomen hängt damit zusammen, dass die Werke etablierter Künstler in einer ersten Phase zu Sonderpreisen angeboten werden. Danach werden die Alben spürbar teurer. Die meisten Fans kaufen deswegen in den ersten Tagen nach Veröffentlichung.
So gelang auch deutschen Bands mit ausreichender Fan-Basis der Sprung von null auf eins: Rammstein, Pur, die mit großer Tour 20-jähriges Bandjubiläum feierten, auch BAP. Das meistgespielte Lied dieses Sommers war aber unbestritten Shaggys »Angel«, in dem »Mr. Boombastic« ebenso clever wie wagemutig Steve Millers »Joker« mit »Angel In The Morning« vermischte.
Der 11.September und die Musikszene
Enyas »Only Time« profitierte von den Anschlägen am 11. September. Da es vielen Menschen trost zu spenden schien, verkaufte sich die Platte wie geschnittenes Brot. Altmeister Bob Dylan veröffentlichte nach seinem 60. Geburtstag ausgerechnet am Tag der Terroranschläge mit »Love And Theft« ein Meisterwerk zwischen Euphorie und Depression. Die letzten drei Monate des Jahres 2001 entdeckten viele Musiker wieder ihr Herz für Mildtätigkeit, und war die Zeit von zahlreichen Benefizkonzerten für Hinterbliebenen der Terroropfer geprägt.
Terror beseitigte die Boy-Group-Schwemme
Im Inferno von New York und Washington endete zugleich der Boom des Teenie-Pops. Backstreet Boys und ?N Sync nähern sich ohnehin der Boygroup-Altersgrenze, Westlife und O-Town versuchen in ihre Fußstapfen zu treten. Der Girl-Group-Markt vollzog eindeutiger den Umbruch: All Saints gingen im Streit auseinander, und auch von den Spice Girls wird nach ihrem Flop mit »Forever« kein weiteres Album mehr erwartet. Atomic Kitten und Sugababes sind ihre britischen Nachfolger, neben den US-Diven von Destiny?s Child wirken sie aber noch recht grün. Deren Album »Survivor« dominierte die amerikanischen Charts und offenbarte auch musikalisch gehöriges Potenzial.
Power-Frauen Missy, Mary und Kelis
Mary J. Blige, Missy Elliott und Kelis festigten herausragenden Alben ihren Ruf als künsterlisch und kommerziell gleichermaßen erfolgreiche Ausnahmeerscheinungen. Britney Spears (»I?m A Slave 4 U«) und Christina Aguilera (»Lady Marmelade«) versuchten mit gemischtem Erfolg, sich vom Teenie-Pop abzunabeln und auch als Musikerinnen ernster genommen zu werden. Ein beachtliches Comeback feierte die zwischenzeitlich mal fast abgeschriebene Kylie Minogue mit »Fever«. Auf hohem Niveau etablierte sich Soul-Röhre Anastacia.
Dido und Alicia Keys als Newcomer
Newcomerin des Jahres war eindeutig Soulsängerin Alicia Keys. Der Zögling von Star-Produzent Clive Davis begeisterte mit dem Song »Falling« und dem dazugehörenden Album »Songs in A Minor«. Überraschend dagegen der Erfolg von Dido mit ausgesprochen sanften Tönen. Das ehemalige Mitglied der Dance-Formation Faithless profitierte auch davon, dass Rapper Eminem ein Sample ihres Songs »Thank You« für seinen Mega-Hit »Stan« verwendete und so kräftig Werbung für die Sängerin machte.
Die Toten: ein Beatle und drei Frauen
Überschattet wurde das Musik-Jahr 2001 auch von mehreren Todesfällen. Die Sängerinnen Aaliyah und Melanie Thornton starben bei Flugzeugabstürzen. Der frühere Beatles-Gitarrist George Harrison erlag am 29. November einem Krebsleiden. Traurig und schön zugleich: Der Erfolg von Eva Cassidy. Ihr Album »Songbird« erreichte die Charts - fünf Jahre nachdem die Sängerin im Alter von 33 Jahren an Hautkrebs gestorben war.
2001 war auch das Jahr, in dem harte Rock-Musik unter der Bezeichnung Nu-Rockbzw, Nu-Metal wieder in großem Umfang hitparadenfähig wurde. Limp Bizkit, die Band um Fred Durst, brachte es sowohl mit »Chocolate Starfish and the Hotdog Flavored Water« als auch mit dem Remix-Album »New Old Songs« ganz nach oben in den Charts. Im Fahrwasser von Limp Bizkit kamen auch Bands wie Crazy Town, Linkin Park oder Staind zum Erfolg. Sogar das eher schwerverdauliche Album der amerikanischen Metalband Tool erreichte Spitzenpositionen in den Charts.
Zeichentrickband Gorillaz überrascht
Eine der Neuerungen des Jahres stellte die virtuelle Band Gorillaz dar. Bei dem Projekt von Blur-Sänger Damon Albarn und Zeichner Jamie Hewlett traten die realen Musiker zurück hinter die Charaktere der Zeichentrick-Figuren, die mit ihrer kruden, aber dennoch massenkompatiblen Mischung aus Pop, Elektronik, HipHop, Dub-Reggae und Punk zum besten geben. Ihr »Clint Eastwood« zählt zu den meistgespielten Songs des Jahres.
Brilliante Pop-Alben
Mit die beste Popmusik kam aus Großbritannien. Neben dem Debüt von Starsailor und der neuen Platte von Travis sorgten Pulp für eine positive Überraschung. Ihr von Scott Walker produziertes Album »We Love Life« war das eindrucksvolle Lebenszeichen einer Band, die 1998 kurz vor der Auflösung stand. Auch aus Deutschland kam Hörenswertes: Kantes »Zweilicht« und Blumfelds »Testament der Angst« boten eingängie Popsongs mit anspruchsvollen deutschen Texten.
Jetzt kommen die geklonten Bands
Völlig auf den Geschmack der Massen ausgelegt waren die TV-Klon-Bands. Das Reality-Fernsehformat »Popstars« verhalf jungen Talenten in zahlreichen Ländern zum Erfolg: In Deutschland profitierten die No Angels und Bro'Sis von diesem neuen Format.
Bro'Sis noch erfolgreicher
Millionen von Zuschauern konnten die Entstehung der Bands begleiten vom Massen-Casting, der Endauswahl, der Ausbildung und den ersten Schritten auf der Bühne. Die Musikindustrie zeigt, wie Popstars gemacht werden, und alle spielen mit. Nach dem Mega-Erfolg der No Angels schickt sich der Nachfolger Bro'Sis an, noch erfolgreicher zu werden.
dpa / che