Mann, Mann, Mann! Das ist ja nicht zu fassen! Wer stimmt denn da ab?", schimpfte Hape Kerkeling nach dem Ende des zweiten Semifinales des Eurovision Song Contest. Ausgerechnet eines seiner Lieblingslieder ist ausgeschieden. Nach dem ersten Semifinale am Dienstag ist für sieben weitere Länder der Traum vom Sieg beim Grand Prix 2010 geplatzt. Aus 17 Teilnehmern wählten Zuschauer und Jurys am Donnerstagabend die letzten zehn Finalisten aus. Damit stehen alle 25 Teilnehmer für Samstag fest. Die gute Nachricht für Lena Meyer-Landrut: Mit Schweden und Kroatien sind gleich zwei harte Konkurrenten ausgeschieden. In blau-gelbe Fahnen eingehüllt kauern sie in der Arena. Manche schütteln ungläubig den Kopf, andere haben Tränen in den Augen. Selbst Minuten nachdem der letzte Umschlag geöffnet wurde, stehen viele schwedischen Fans noch immer schockiert da. Anna Bergendahl, die wochenlang die skandinavischen Charts dominiert hat und als eine der Favoritinnen auf den Sieg beim Eurovision Song Contest gehandelt worden war, hat den Sprung ins Finale verpasst. Schweden ist damit zum ersten Mal seit 34 Jahren nicht im Finale dabei.
Kroatisches Frauen-Trio scheidet aus
Katerstimmung herrschte auch unter den angereisten kroatischen Fans. Die hatten sich mit dem Frauen-Trio Feminnem ebenfalls Hoffnungen auf den Sieg gemacht. Das riesige rote Herz, das sie am Schluss ihres Auftritts auf die Bühne rollten - es hat die Jurys und Zuschauer offenbar nicht erweichen können. Ebenso wie die runtergelassenen Hosen der litauischen Band InCulto und der Goldregen des Schweizers Michael von der Heide. Dafür entfaltete die voll aufgedrehte Windmaschine der Georgierin Wirkung: Sofia Nizharadze ist mit ihrer Ballade "Shine" ebenso weiter wie das funkensprühende Duo Paula Seling & Ovi.
Mit Buh-Rufen wurde der Einzug von Alyosha ins Finale quittiert. "Die hat doch keinen Ton getroffen", sagte ein deutscher Fan, der viel lieber den Stimmungskracher des Abends drin gesehen hätte: Zu "Sha-La-Lie, Sha-La-La" wurde in Oslo heftig geschunkelt und geklatscht. Mit einer riesigen Zirkusorgel wollte die Holländerin Sieneke ins Finale einziehen - jetzt wird sie das Ungetüm wieder in ihren Wohnwagen packen müssen. Darüber sind nicht nur die Holländer traurig, die seit Jahren nicht mehr im Finale standen, sondern auch Stefan Raab und Hape Kerkeling. Beide hatte sich zuvor als Sieneke-Fans geoutet. "Ich hätte mir gewünscht, dass Holland ins Finale kommt", sagte Kerkeling zu stern.de.
Die größte Gefahr kommt aus dem Norden
Und was ist mit den Favoriten Israel, Aserbaidschan und Armenien? Alle drei haben ihr Ticket für Samstag gelöst und werden versuchen, der deutschen Grand-Prix-Hoffnung Lena Meyer-Landrut den Sieg streitig zu machen. Doch insbesondere die Aserbaidschanerin Safura wird mit ihrem Song "Drip Drop" noch eine Schippe drauflegen müssen. Mit eingebauten blauen LED-Lämpchen hatte sie zwar das Kleid des Abends und wird bei den englischen Buchmachern noch immer auf Platz eins gewettet, doch gesanglich hat die 17-Jährige nicht überzeuget. Die größte Gefahr für Lena lauert nach der Überzeugung vieler Grand-Prix-Experten ohnehin nicht im Osten, sondern im Norden.
"Ich glaube, dass Dänemark für Lena harte Konkurrenz ist", sagte Hape Kerkeling nach dem zweiten Semifinale zu stern.de. Kerkeling, der am Samstagabend die deutschen Punkte live von der Hamburger Reeperbahn verkünden wird und außerdem in der deutschen Jury sitzt, hält das dänische Popduo Christina Chanée und Tomas N'evergreen für Favoriten. "Aserbaidschan überzeugt mich überhaupt nicht, dafür kann der dänische Song Lena sehr gefährlich werden. Und wir alle wollen doch, dass sie gewinnt", sagte Kerkeling.
Der Finaleinzug Dänemarks dürfte die enttäuschten Schweden zumindest ein bisschen trösten. "In A Moment Like This" stammt aus der Feder des schwedischen Erfolgskomponisten Thomas G'son und hat die klassischen Grand-Prix-Erfolgszutaten: Liebeslied mit mitreißender Refrain, der sich innerhalb von drei Minuten zu einer Hymne entwickelt. "Forsigtighed" heißt es am Samstag deshalb für Lena. Nicht, dass dir die Dänen die Punkte klauen.