Vor 40 Jahren auf Platz eins Nenas Hit "99 Luftballons" sollte eigentlich nie veröffentlicht werden – und machte sie dann weltbekannt

Nena
Nena alias Gabriele Susanne Kerner
© Frinke / Imago Images
Mit "99 Luftballons" wurde Nena vor 40 Jahren zum internationalen Star. Doch der Song löste bei der Plattenfirma zunächst alles andere als Begeisterung aus – ein großer Irrtum, wie sich zeigte.

Alles klingt so harmlos, nach Idyll und Harmonie. "Hast du etwas Zeit für mich, dann singe ich ein Lied für dich" – so beginnt "99 Luftballons", der große Hit von Nena. Die Sängerin erzählt darin von ebendiesen 99 Luftballons, die sich am Himmel unschuldig ihren Weg suchen, vom Militär für feindliche Flugobjekte gehalten werden und schließlich einen Krieg auslösen. Der Song passt 1983, als er erscheint, perfekt in die Zeit. Und dennoch sollte er ursprünglich gar nicht veröffentlicht werden.

Es ist die Zeit des Kalten Krieges, in West-Deutschland wird heiß über die Stationierung von amerikanischen Pershing-II-Raketen diskutiert. West und Ost stehen sich feindlich gegenüber, und mindestens ein Unbehagen ist immer da, wenn nicht sogar die Angst vor einer Eskalation des Konflikts. Dass in einigen Jahren die Berliner Mauer fallen wird, kann noch keiner ahnen. Auch nicht die Musiker der Band Nena, die in West-Berlin wohnen.

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"99 Luftballons" von Nena: Die Idee kam bei einem Rolling-Stones-Konzert

Mit "Nur Geträumt" ist ihnen zuvor schon ein Hit gelungen. Gitarrist Carlo Karges kommt auf einem Konzert der Rolling Stones die Idee zu einem neuen Song: Die Stones lassen am Ende der Show bunte Luftballons in den Himmel steigen. Bei Karges setzt die Fantasie ein: Was, wenn die Ballons über die Mauer nach Ost-Berlin fliegen? Was, wenn die Sowjets nicht erkennen, dass es sich um harmlose Luftballons handelt? Karges kritzelt ein paar Zeilen in seine Kladde.

Etwas später spielt Uwe Fahrenkrog-Petersen, Keyboarder von Nena, seinen Bandkollegen "eine wirklich tolle Melodie", wie er selbst findet, vor. Alle sind auf Anhieb angetan. Und Karges findet in seinen Notizen auch gleich den passenden Text dazu – den über die "99 Luftballons". "Carlos Text passte wirklich exakt auf meine Melodie, obwohl diese ungewöhnlich viele Noten hatte", erzählt Fahrenkrog-Petersen auf seiner Homepage. Auch Sängerin Nena, mit bürgerlichem Namen Gabriele Susanne Kerner, ist sofort Feuer und Flamme: "Ich hab eine richtig fette Gänsehaut gekriegt und gesagt: Ey Carlo, das ist das Beste, was du je geschrieben hast."

Plattenfirma skeptisch – doch der Song wird zum Mega-Hit

Voller Begeisterung stellt die Band der Plattenfirma ihre Idee vor. "99 Luftballons" soll als Single aus dem Debütalbum ausgekoppelt werden. Doch ihr Elan wird jäh gebremst, das Management ist von dem Song alles andere als überzeugt. Er erfülle keine der „sonst üblichen Kriterien“ für einen Hit-Song, wird bemängelt, er habe keinen Refrain und der Instrumentalteil am Anfang – von der Band als eine Art Vorwort gedacht – sei deutlich zu lang. "Sie wollten den Song auf keinen Fall als Single machen", so Uwe Fahrenkrog-Petersen.

Eine fatale Fehleinschätzung, von der sich die Musiker glücklicherweise nicht aufhalten lassen. Die Band setzt sich durch, im Januar 1983 kommt das Lied über die 99 Luftballons, Kriegsminister, Düsenjets, Benzinkanister und 99 Jahre Krieg in die Plattenläden. Es wird ein Mega-Hit: "99 Luftballons" erreicht am 28. März 1983 – vor 40 Jahren – Platz eins der deutschen Hitparade und schafft sogar den Sprung in die internationalen Charts. Auch im Vereinigten Königreich und anderen Ländern stürmt der Song an die Spitze, in den USA immerhin auf Platz zwei – wohlgemerkt mit deutschem Text, obwohl später noch eine englische Version entstand. Das hat danach kein anderes deutschsprachiges Lied mehr geschafft. Um es mit Nena zu sagen: "Mann, wer hätte das gedacht?"

40 Jahre nach dem großen Erfolg hat immer noch jeder sofort Musik und Text von Nena im Ohr, wenn es um Luftballons geht – und leider hat der Song zu seinem Jubiläum angesichts des Ukraine-Kriegs auch wieder eine besondere Relevanz erlangt. "Das Lied war, wenn wir ehrlich sind, immer aktuell. Es gab leider immer Kriege. Da müssen wir uns nichts vormachen", sagt Nena.

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