Rolling Stones Der Urknall bleibt aus

Das neue Rolling-Stones-Album heißt "A Bigger Bang" und wurde mit großem Aufwand von der Plattenfirma vorgestellt. Doch der musikalische Urknall, den der Albumtitel vermuten lässt, bleibt aus.

Mit laufendem Motor steht eine weiße Stretch-Limousine auf dem Parkplatz. Daneben warten ein Chauffeur und ein Sicherheitsmann. Bevor sich die Wagentür des zehn Meter langen Gefährts öffnet, wird man abgetastet und mit einem Metalldetektor kontrolliert. Eine Jacke ins Wageninnere mitnehmen? Geht nicht. Doch es ist nicht etwa so, dass in der Stretch-Limousine die Rolling Stones persönlich auf Journalisten warten. Es geht "nur" darum, das am 5. September erscheinende Album "A Bigger Bang" der legendären Band anzuhören. Und dabei soll sichergestellt werden, dass niemand die CD mitschneidet. Also findet nicht nur eine Untersuchung auf Aufnahmegeräte statt, sondern die Journalisten müssen auch eine Erklärung unterschreiben, die eine Strafe von über 10.000 Euro androht, sollte es trotz aller Sicherheitsmaßnahmen gelingen, die CD mitzuschneiden und ins Internet zu stellen. Im Wageninneren sitzt eine Mitarbeiterin der Plattenfirma, deren einzige Aufgabe darin besteht, die CD aus ihrer Tasche zu ziehen, einzulegen und nach einem Durchlauf des Albums wieder in der Tasche verschwinden zu lassen.

Das prägende Stilmerkmal des Rolling Stones-Albums ist der Blues, der sich unterschiedlich stark in den Stücken wiederfindet. Der reinste Blues-Song auf dem Album ist "Back Of My Hand". Bei anderen Stücken ist der Blues-Einschlag nicht ganz so stark, wie etwa bei "Rough Justice" oder bei den von einer Mundharmonika getragenen "Infamy" und "Sweet Neo Con". Letzteres sorgte schon vor Erscheinen des Albums wegen seines politischen und vermeintlich Bush-kritischen Textes für Aufregung. Ein weiteres Hauptmerkmal der CD bildet das treibende Zusammenspiel von Bass und Schlagzeug, meist garniert mit spärlich eingestreuten Gitarrenriffs "She Saw Me Coming", "Oh No Not You Again". Mit "Look What The Cat Dragged In" ist es der Band gelungen, den Funk ins Album zu integrieren. In eine ähnliche Richtung geht auch "Rain Falls Down". Hier ist die Überraschung aber größer, weil das Stück mit seinem Rap-artigen Gesang beinahe von den Red Hot Chili Peppers kommen könnte.

Damit endet die Innovation auf "A Bigger Bang" aber auch schon. Dennoch wird das Album vermutlich wieder ein Erfolg. Immerhin machen die Stones seit über 40 Jahren erfolgreich Musik und wissen, wie das geht. Und diese Erfahrung hört man dem Album auch im positiven Sinne an. Hinzu kommt, dass die Fans von dieser Band wohl kaum eine musikalische Entwicklung erwarten. Ähnlich wie etwa bei AC/DC geht es den Stones eher darum, die Erwartungshaltung der Fans zu erfüllen. Und die lautet nun einmal: ein Stones-Album, das als solches zu erkennen ist.

Gegen die Erwartungshaltung der Fans kam die Plattenfirma übrigens nicht einmal mit weißer Stretch-Limousine und Metalldetektor an: Songs des Albums konnten bereits Wochen vor der Veröffentlichung im Internet herunter geladen werden.

Thomas Krause

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