Einen Moment hatte sie Panik. Als die Idee aufkam, ein neues Album zu veröffentlichen, habe sie gedacht: "Wirklich, jetzt wieder von vorne? Wieder raus in die Welt, in dieses Haifischbecken?", erzählt Sarah Connor. Sie hatte es nicht eilig. Aber nach fünf Jahren hat sie es nun doch getan - und die Platte "Muttersprache" aufgenommen, die am Freitag erscheint (22. Mai).
Darauf singt sie erstmals auf Deutsch. "Ich habe gemerkt, wie schön sich das anfühlen kann, wenn du in deiner Sprache Dinge sagst, die du auch deiner besten Freundin, deiner Schwester sagen würdest", sagt sie. Das Album ist aber vor allem eines - ein Imagewechsel.
Pause von der Show-Karriere
Und der brauchte Zeit. Die Musikerin legte eine Pause ein und kümmerte sich um ihre drei Kinder. "Ich habe Dinge gemacht, auf die ich immer Lust hatte, für die ich in meinen Zwanzigern aber nie Zeit hatte, weil meine Karriere immer im Vordergrund stand", sagt die 34-Jährige. Sie habe Philosophie-Vorlesungen an der Uni besucht. Joni Mitchell und Bob Dylan gehört. Musik analysiert.
Das klingt in der Tat anders als das, was man von Sarah Connor bisher kennt. Und fast ein bisschen zu perfekt. Seit ihrer ersten Single "Let's Get Back To Bed Boy" hat Sarah Connor Millionen Platten verkauft, meist mit souligen Popnummern. Sie heiratete im Fernsehen mit viel Brimborium den Musiker Marc Terenzi, patzte bei der Nationalhymne und trat bei "Wetten, dass..?" in einem Hauch von Nichts auf. Darauf wird sie noch heute angesprochen.
Jetzt sitzt sie bei einem Interview in einer Hotelsuite in Berlin, mit schwarzem Hut und Karohemd. Vor ihr steht ein Energy Drink. Sie hat an diesem Tag bereits zwei Flüge hinter sich - und es ist erst Mittag. Filmen ist bei dem Gespräch erlaubt, Fotografieren nicht. Sarah Connor redet ruhiger, als man denkt, und scherzt mehr als erwartet.
Songs inspiriert von Kinderfragen
Woher bekommt sie die Ideen für ihre Songs? "Oft sind Gedanken angestoßen durch Fragen, die meine Kinder mir stellen, wenn wir zusammen Zeitung lesen", sagt sie. Fragen zum Leben, zum Tod, zu Ängsten, zu Beziehungen, zu unserer Gesellschaft. Die neuen Texte wirken ehrlich, persönlich und können wirklich berühren.
"Es gab auch den einen oder anderen, der gesagt hat: "Bitte keine Politik auf der Platte, bitte keine gesellschaftskritischen Songs. Es muss verliebt sein, es muss euphorisch sein." Aber das ist Bullshit. Dann brauche ich keine Platte mehr zu machen", sagt sie. "Songs für jeden, die schön sind und immer blumig sind, die von Liebe handeln oder vom Verlassenwerden, die habe ich schon gemacht."
Sarah Connor lebt zurückgezogen
Es geht noch immer viel um Liebe, zum Beispiel aber auch um Mutterliebe. Und um Dinge, die sich in der Gesellschaft verändern. Das neue Album "Muttersprache" klingt manchmal dezenter, in Teilen aber auch rockiger als früher. Das könnte Hörern sehr gefallen, die Musik von Adel Tawil und Rosenstolz mögen. Die Songs bleiben emotional. "Ich seh' dich mit all deinen Farben und deinen Narben", heißt es in dem Lied "Wie Schön Du Bist". Das Video wurde bei YouTube schon mehr als eine Million Mal geklickt.
Insgesamt nimmt man Sarah Connor ab, dass sich etwas geändert hat. Sie ist mit ihrem Manager Florian Fischer zusammen, mit dem sie auch eine Tochter hat. Sie sagt, sie lebe zurückgezogen, gehe gerne mit ihren Hunden spazieren und fahre ihre Kinder zum Sport. Nach ihrem Erfolg habe sie die Handbremse gezogen und sich Zeit genommen, um herauszufinden, "wer ich ohne diesen ganzen Pop-Zirkus eigentlich bin."
Das sei eine schöne Erfahrung gewesen, sagt Sarah Connor. Auf das neue Album sei sie stolz. "Aber am Ende des Tages ist es auch einfach eine Platte, es ist nicht mehr mein ganzes Leben."