Netflix-Dokudrama Streit um "Queen Cleopatra" – wie hell oder dunkel war die legendäre Pharaonin wirklich?

2000 Jahre nach ihrem Tod ist Kleopatra immer noch für eine Kontroverse gut. In einem neuen Dokudrama spielt eine schwarze Schauspielerin die Pharaonin – und entzürnt Ägypten. Lässt sich noch klären, welche Hautfarbe Kleopatra hatte? 

Möglicherweise wäre der Start des Dokudramas "Queen Cleopatra" im gigantischen Netflix-Universum einfach untergegangen, hätten sich nicht zwei mehr oder weniger prominente Ägypter zu Wort gemeldet und scharfe Worte über die Besetzung der Hauptfigur verloren. Denn die berühmte Pharaonin wird von der schwarzen Schauspielerin Adele James gespielt.

"Netflix unterstützt afrozentrisches Denken"

Ein klarer Fall von "Blackwashing" sei dies, monierte der Anwalt Mahmoud al-Semary. Sprich: Die Rolle einer Weißen wird von einer Schwarzen dargestellt. Der Jurist forderte sogar die Staatsanwaltschaft auf, Netflix in Ägypten zu blocken. Grund: Der Streamingdienst verletze Mediengesetze, da er darauf ziele, afrozentrisches Denken zu unterstützen und die Vorstellung der ägyptischen Identität auszuradieren.

Üblicherweise beklagen sich Kulturschaffende eher darüber, dass Weiße Rollen übernehmen, die nichtweiße Menschen darstellen. So wie in den allermeisten Filmen (und in der Kirchenkunst) Jesus Christus von durchschnittlich blonden Mitteleuropäern dargestellt wird, wobei er in Wirklichkeit eher der orientalische Typ gewesen sein dürfte – so wie vermutlich auch Kleopatra. Sicher ist das natürlich nicht.

Anders als von Jesus gibt es von der Pharaonin, die im Jahr 69 v. Chr. geboren wurde, zeitgenössische Darstellungen. Etwa auf Münzen und einer Büste, die in der Berliner Antikensammlung zu sehen ist. Britische Archäologen aus Newcastle haben daraus ihr Aussehen rekonstruiert: fliehende Stirn, spitzes Kinn, kantige Nase und schmale Lippen soll die Herrscherin gehabt haben – nach heutigen Maßstäben war sie nicht die Schönheit, als die sie in vielen Filmen dargestellt wurde. Oder bei Asterix und Obelix. Ihr legendärer Erfolg basiert offenbar eher auf Intelligenz und geschicktem Umgang mit römischen Caesaren.

"Kleopatra war griechisch, ihre Haut war heller"

Über ihre Hautfarbe aber sagt das alles nicht viel aus. Zumindest aber indirekt lässt sich ihr Teint eingrenzen und wahrscheinlich war sie weder hell wie einst Elizabeth Taylor noch dunkel wie jetzt Adele James. Der Ägyptologe und frühere Antikenminister des Landes, Zahi Hawass sagte in einem Interview: "Kleopatra war griechisch, das heißt, ihre Haut war heller, nicht schwarz." Die einzigen ägyptischen Herrscher, von denen man wisse, dass sie schwarz waren, seien die Kuschiten der 25. Dynastie gewesen, die mehr als ein halbes Jahrhundert zuvor gelebt hatten.

Die genaue Abstammung Kleopatras ist überraschend unklar. Zumindest mütterlicherseits. Sie entstammt der makedonisch-griechischen Ptolemäer-Dynastie, die zur Zeit Alexander des Großen entstand und drei Jahrhunderte lang über Ägypten herrschte. Ihr Vater war König Ptolemaios XII. Neos Dionysos, die Herkunft ihrer Mutter ist nicht geklärt. Mutmaßlich stammte sie aus dem ägyptischen Adel – was aber auch wenig über ihre Hautfarbe aussagt, die sie an die Tochter weitergegeben haben könnte.

Tina Gharavi, Regisseurin von "Queen Cleopatra", sagte zur Diskussion über ihre Serie, dass Kleopatras europäisch-stämmige Familie vor ihrer Geburt bereits seit 300 Jahren in Ägypten gelebt habe, was es "ziemlich unwahrscheinlich" machen würde, dass sie weiß war. Das Argument klingt plausibel, ist aber letztlich auch nur Spekulation. Denn über die Herkunft der zahllosen Frauen, mit denen die Pharaonen Nachwuchs zeugten, ist sehr oft wenig bekannt. Unter Forschern ist aber unbestritten, dass die Macht der Ptolemäer-Dynastie auf ihren Garden beruht, die sich aus dem griechisch-makedonischem Umfeld rekrutierten. Allzu offenkundig nicht-europäisch-stämmige Herrscher und Herrscherin hätten also möglicherweise Legitimitätsprobleme bekommen.

Auch Kleopatras Schwester war eher hell

Die wenigen Darstellungen zeigen übrigens nicht nur Kleopatra eher als europäischen und damit wohl eher hellhäutigen Typ. Auch die Büste ihrer Schwester oder Halbschwester Arsinoë IV. lässt gleiche oder ähnliche Wurzeln vermuten. Kurzum: Auch wenn es vermutlich nie geklärt werden wird, dürfte die weltberühmte Pharaonin am ehesten wie heutige Südeuropäer oder Nordafrikaner ausgesehen haben. Dennoch hatte vor einigen Jahren die geplante Besetzung eines Kleopatra-Films mit der Israelin Gal Gadot ("Wonder Woman") ebenfalls für Ärger gesorgt. Weil die Schauspielerin "zu weiß" sei.

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