Bei "The Voice of Germany" stand einen Tag vor Heiligabend die letzte Battle-Show auf dem Programm. Die Kandidaten betraten in feinster Boxermanier aus zwei unterschiedlichen Ecken den Ring und legten los, sangen sich gegenseitig an die Wand - zum Sieg oder zum Knockout. So sollte man es zumindest erwarten. Was stattdessen passierte: Zwei Kandidaten, die sich gegenseitig ziemlich lieb hatten und unglaublich viel Respekt füreinander empfanden, gingen zusammen auf die Bühne und sangen ein Duett. Mal mit mehr Kontakt zum Gesangspartner, mal mit weniger. Angeblich aber immer mit Kontakt zum Publikum - denn im Studio wurde gefeiert und gejubelt suggerierten die Bilder.
Von dieser Stimmung kam auf der Couch wenig an. Die ersten Paare wurden in rasanter Geschwindigkeit durchgenudelt: Benny weiter, Tiziana weiter, Tessa weiter, Jasmin weiter. Über die Kandidaten erfuhr man wenig, eine persönliche Beziehung zu ihnen aufzubauen, um sich als Zuschauer auf einen Favoriten festzulegen, war fast unmöglich. Kurzer Einspieler, Einlauf, Gesang, Entscheidung, fertig. Die Jurymitglieder wirkten größtenteils fast gelangweilt, vielleicht wollten sie aber auch nur cool und lässig sein in ihren übergroßen Castingsesseln. Begründungen für ihre Entscheidungen waren rar. Letztendlich war wohl der jeweils persönliche Geschmack des Coaches das Zünglein an der Waage bei den durchweg guten Sängern. Besonders wichtig schien es vor allem Nena und Xavier Naidoo gewesen zu sein, "abgeholt" zu werden. Manche ihrer Zöglinge haben das eben einfach nicht geschafft - tja.
Die zwei Highlights - aufgespart bis zum bitteren Ende
Wem der erste Teil der Sendung nun ein bisschen zu schnell ging, der durfte sich ab halb zehn entspannen. Denn jetzt wurden die Battles immer wieder unterbrochen von den sogenannten Sing-offs. Denn nur weil ein Kandidat bereits grünes Licht seitens des Jurors bekommen hatte, hieß das nicht unbedingt, dass er auch in den Live-Shows auftreten durfte. Nur fünf Kandidaten eines Teams waren definitiv weiter, jeweils drei mussten noch einmal mit ihren Songs aus den Blind Auditions gegeneinander antreten. Diese Wendung bewirkte vor allen Dingen eins: Dass die Show unglaublich in die Länge gezogen wurde. Langeweile statt Spannung. Von jetzt an wechselte sich jeweils ein Sing-off mit einem Battle ab. Und jeder Coach hatte schließlich sechs Talente, die er in die Live-Shows schickt.
Die zwei Highlights wurden bis zum bitteren Ende aufgespart: Erst Bobby versus Hermann sowie Laura versus Jeannette haben mich "abgeholt". Diese vier kämpften und nahmen sich dabei gleichzeitig nicht allzu ernst. Diese vier haben es kurz vor Ende der Sendung geschafft, die Stimmung vor die Fernsehbildschirme zu bringen. Bei den Männern hat das leider nicht viel gebracht - im Sing-off flog Battle-Sieger Bobby ebenfalls raus. Bei den Frauen wurde genau das, was die Sendung eigentlich ausmachen sollte - der Kampfgeist, das Konkurrenzdenken und eine gute Portion Leidenschaft - kritisiert. Nena verstand die Aggression nicht, The BossHoss konnten mit "diesem Sportgesang" (Destiny's Childs "Survivor") nichts anfangen und Rea war das alles einfach zu viel.
Aber "Love Peace and Harmony" funktioniert eben nicht immer - Ständige Lobhudelei und Ringelpietz mit Anfassen locken mich nicht wöchentlich vor den Fernseher. Und Laura und Jeanette haben gezeigt, dass Konkurrenzkampf auch ohne peinlichen Zickenkrieg wunderbar funktionieren kann. Leider brachte auch die Damen ihr verbaler Boxkampf nicht weiter: In den Sing-offs musste Laura schließlich das Handtuch werfen. Die Coaches und die Macher von "The Voice" scheinen weiter davon überzeugt zu sein, dass Harmonie die Geheimzutat einer guten Castingshow ist - ich bin es nicht.