Spannend hätte dieses Streitgespräch werden können, denn die Forderung "Millionär zahl‘ mehr!" erheben auch hierzulande längst nicht mehr allein die Politiker der Linken. Doch allzu schnell verlief sich dann auch diese Runde, zeigte sich wieder einmal, dass zu viele "Menschen bei Maischberger" der Tod einer jeden vernünftigen Diskussion sind. Und spätestens mit dem Eintritt zweier so gegensätzlicher Politiker wie dem SPD-Linken Ottmar Schreiner und dem "letzten aufrechten Marktliberalen" der CDU Laurenz Meyer entfernte sich die Auseinandersetzung dann endgültig von der Frage "Müssen wir die Reichen schröpfen?". Denn geschult in jahrzehntelangen Debatten können und wollen solche Volksvertreter nur höchst ungern bei einem Thema bleiben, verlieren sich lieber im Ungefähren und in allgemeinen Vorhaltungen gegenüber dem politischen Gegner. Und auch der ansonsten an diesem Abend recht schlagfertigen und insistierenden Sandra Maischberger gelang es da nicht, die Polit-Haudegen im Zaum zu halten.
Dabei hatte Entertainer Howard Carpendale eingangs eine gute Gesprächsgrundlage geschaffen mit seiner Feststellung, "Steuern sind keine Strafe, sondern dienen dem Wohl eines Landes, um dieses lebenswert zu machen". Aber, und das ist leider allzu oft ein Problem dieser Talkshow, Maischberger wollte es lieber erst einmal "menscheln" lassen. Hakte also bei dem Sänger ebenso mit Fragen zum Werdegang nach wie bei Millionärsgattin Ute Ohoven, Unesco-Sonderbotschafterin und Deutschlands "Charity-Queen", die mit ihren Galas für die Superreichen mehr als 40 Millionen Euro im Laufe der Jahrzehnte für die Ärmsten der Welt gesammelt hat. Um dann auch noch ein völlig anderes Themenfass im Gespräch mit zwei weiteren Millionären in der Runde aufzumachen: die deutsche Neidgesellschaft.
"Genossin Merkel" sorgt für Freude
Die sieht Fast-Food-Geschäftsmann und Lamborghini-Liebhaber Guido Seitz ("Ich wollte immer mehr machen als andere und dann auch mehr verdienen") nämlich hierzulande sehr weit verbreitet. Dass ausgerechnet Millionärs-Kollege Klaus Zapf dem widersprach, besaß schon eine ironische Note: Denn der Umzugsunternehmer, der gern den Antikapitalisten gibt und auch hier wieder als zottelhaariger Zausel in Trainigsjacke und Shorts in der Runde saß, hatte jahrelang als klagefreudiger Aktionär Kapitalerhöhungen bei diversen Unternehmen verhindert und diese so "versenkt". Bis ihn der Bundesgerichtshof mit diesem "sittenwidrigen" und "rechtsmissbräulichen" Gebaren in die Schranken verwies und diesem "grob eigennützigen" Vorgehen einen Riegel vorschob.
Immerhin: Zapf wusste, wovon er sprach und konnte auch mit interessanten Zahlen aufwarten. Etwa, dass von über 500 Milliarden erzielten Unternehmensgewinnen in Deutschland am Ende dank geschickter Abschreibungen und Verlustgeschäfte gerade noch einmal 25 Milliarden Euro übrig blieben: "Die ganzen steuerlichen Vorschriften für Unternehmen müssen überdacht werden." Womit dann nach der zuvor geführten Diskussion über den Spitzensteuersatz ("Ich habe nie kapiert, warum die steuerliche Staffelung bei einem Einkommen von 52.000 Euro aufhört", brachte Carpendale eine der größten sozialen Ungleichgewichtungen im deutschen Steuersystem auf den Punkt) gleich noch ein weiteres Themenfeld eröffnet war. Und nun die Diskussion ziemlich unstrukturiert zwischen Unternehmenssteuern, Reichensteuer, Vermögenssteuer und Spitzensteuersatz hin und her waberte.
Sehnsucht "nach den guten 60er-, 70er- und 80er-Jahren"
Zwischendurch ging es dann noch einmal um die deutlich geringere Spendenbereitschaft der Deutschen gegenüber den Amerikanern und die Bildungsgerechtigkeit - da hatte auch die Moderatorin dann die Suche nach einem roten Faden längst aufgegeben und freute sich an der Formulierung von der "Genossin Merkel", die neuerdings den Mindestlohn für die CDU entdeckt hat.
Wie formulierte es Carpendale doch mit Blick auf seine bevorstehende "Greatest Hits"-Tour so treffend zum Schluss: Er verspüre bei den Menschen angesichts der derzeitigen Krisen eine große Sehnsucht "nach den guten 60er-, 70er- und 80er-Jahren" - "Ich kann für zweieinhalb Stunden versuchen, sie diese Themen vergessen zu lassen". Am besten auch diese Sendung.