"Der Bachelor" auf RTL Liebesbingo am Miami Beach

Von Ingo Scheel
"Der Bachelor": unterhaltsam wie Fußballer-Interviews, romantisch wie der Schlagermove und Haarteile aus dem Fundus von "Game of Thrones". Dazu jede Menge tolle Gespräche. "Wie geht es Dir? Gut, und Dir? Auch gut." Das muss wohl Liebe sein. Endlich wieder!

Cara hat bereits einen Bachelor und kann gut einlochen. Inci is meeega-aufgeregt und Viola trinkt gern Bier. Julia muss schon im Auto Pipi und scheint ihr Beruhigungsmittel zu Hause vergessen zu haben und Evi trägt eins dieser Kleider, die schon ab Werk untenrum explodiert aussehen, damit es beim Junggesellinnen-Abschied nicht auffällt, dass man damit schon dreimal ins Gebüsch gefallen ist.

It's Bachelor-Time again. Das Lagerfeuer in Murwillumbah glimmt noch, da schickt RTL den nächsten High-Class-Zossen auf die Koppel. Der hört auf den Namen Sebastian, ist 30 Jahre alt und um den metrosexuellen Bauch herum noch härter als der amtierende Dschungelkönig. Der Mann aus Unna modelt, ist fast mal in der Fußball-Bundesliga gelandet und teilt mit seiner sympathischen Familie, zu der auch Ex-Profi Peter Peschel vom VfL Bochum gehört, den Irrglauben, im Privatfernsehen könne man die Frau fürs Leben finden.

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"Der Bachelor": Wer hat bisher wirklich die große Liebe gefunden?

"Der Bachelor": Kara hat das ganze Spielchen missverstanden

Zumindest in Sachen Quantität stimmt die Auswahl. Zwei Fußballteams stark ist der Aspirantinnen-Ball, der es so gerade noch geschafft hat, sich knapp vor dem US-Einreisestopp den benötigten Fleischbeschau-Stempel ins Ausweispapier drücken zu lassen, um zur Balz nach Miami zu düsen. Das Häuschen an der Wasserkante, der Ort des Geschehens, ist wie gehabt der pure Luxus. Wenn schon Zickenterror, dann wenigstens gediegen. Doch vor dem Wolle-Rose-haben muss der sanftmütige Sebastian die Damen natürlich erstmal kennenlernen. Dafür hat man den pikobellobartgestutzten Single an den Rand eines roten Teppichs gestellt. Immer pärchenweise rollen die Damen, gefühlt auf dem Bierbike, tatsächlich aber in einer Luxuslimousine heran, um sich dem knapp zwei Dutzend Silben starken Intro-Talk zu stellen, bevor sie die etwas zu steil geratene Stiege zum Haus emporstöckeln dürfen.

Erika findet sich toll, Dingens singt in Musicals, Cara hat das ganze Spielchen missverstanden und selbst eine Rose mitgebracht. Tina pulsiert die Halsschlagader schon so stark, dass sie nicht mal das Dutzend Silben, das ihr zusteht, herausbekommt. Scheint anzukommen bei Sebastian, am Ende gibt es für die schwelgerische Schweigerin tatsächlich eine Rose. Fabienne ist rechtsseitig fast bis unters Dach gepeikert, Anna ist vom Nervenzusammenbruch nur eine Wimpernlänge entfernt und lässt sich erst beruhigen, als Sebastian das entstehende Smalltalk-Vakuum nutzt, um die irrsinnige Info durchzustoßen, wie groß beim "Fünf gegen Fünf"-Fußball die Spielfelder sind. Irrer Schachzug, alle Achtung.

Mäßig spannende Kennenlern-Prozedur

Susanna kommt dann leider ein wenig zu bepütschernd rüber, Clea hat ordentlich Lametta am Kleid, Silvana sieht - Gott! sei!! Dank!!! - jünger aus als ihre 33 Jahre und weil Chloé aus Frankreich kommt, hört sich ihr "Wie geht es Dir?" täuschend ambitioniert an. Interessieren tut das in Wirklichkeit natürlich niemanden. Und ob die datewilligen Damen nun aus Köln oder Regensburg, Düsseldorf, Garmisch oder Klein-Klimpe an der Klötsch kommen, kann sich eh keiner merken. Lediglich dieser etwas harte Komsomolzen-Dialekt jener stark bebrillten jungen Dame (Name durchgerutscht, tut mir leid), die aussieht wie eine Sekretärin mit Hang zu S/M-Erziehung, lässt kurz aufhorchen.

Im Haus dann nach dem Vorstellungsmarathon das übliche Geplänkel. Noch mehr "Wie geht es Dir?". Hatten wir das nicht schon? Ich habe gestern ein Brot gegessen. Wow, ich auch. Wir sind wie füreinander gemacht. Kennenlern-Prozedur für Leute, die schon beim Speed-Dating gelangweilt aufs Handy schauen. Zwischendurch knabbern die Ladys, zu mindestens 80 Prozent beim Pailletten-Schlussverkauf in Zülpich-Ülpenich eingekleidet, mit ihren Naddel-Nagern die Weintrauben von den Käsehäppchen, sticheln bereits vermeintlichen Verbündeten ein paar bitchige Brocken in die gepuderten Ohren und hoffen, dass sie am Ende bei der großen Fleurop-Gala nicht leer ausgehen.

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Das wurde aus den Bachelor-Kandidaten

Zur Rosenverteilung schließlich postiert sich Sebastian vor den weiterkommwilligen Damen, aufgereiht wie die Orgelpfeifen beim Abtanz-Schwoof, frisürlich changierend zwischen Glätteisen und "Game-of-Thrones"-Opulenz, und als er einen Satz mit "Erstmal möchte ich mich bei euch …" beginnt, denkt man kurz, er sagt jetzt "entschuldigen". Für den ganzen Nonsens hier. Passiert natürlich nicht. Dis sin nu ma de Regln. Und die müssen eingehalten werden. Wer bleibt, bekommt eine Rose. Wer nicht - nun ja. Schwein gehabt. Wir haben immer noch Miami.

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