TV-Kritik "Die Höhle der Löwen" "Frauen sind Zauberwesen" – Neu-Löwin Janna Ensthaler hält zum Einstand eindrucksvolles Plädoyer

  • von Mark Stöhr
Erster Deal beim ersten Pitch und ein großartiges Statement: Janna Ensthaler legte einen Traumstart hin. Zwei vermeintliche Weltretter bekamen indes die Wut von Carsten Maschmeyer zu spüren. Und Nils Glagau schlürfte Ralf Dümmel eine Ramen-Suppe weg.

Das ist mal gelungenes Upcycling: Sehnte man sich bei der Premiere des arg blassen Tilman Schulz in der vergangenen Woche noch nach den ausgeschiedenen Charismatikern Georg Kofler und Nico Rosberg zurück, kam in der zweiten Folge Bewegung ins Rudel. Janna Ensthaler, Gründerin von drei Start-ups, darunter des Millionensellers "Glossybox", ist intelligent und verfügt über einen gewissen Glamour-Faktor. Mit Kofler verbindet sie ein klarer Standpunkt, anders als der ewige Grantler ist sie aber stets freundlich. Wie Rosberg verfolgt sie einen nachhaltigen Ansatz, ist jedoch mutiger und entschlossener.

Und die 38-Jährige hat das nötige Kapital. Seit 2021 betreibt sie einen auf Klima- und Nachhaltigkeitstechnologien spezialisierten Investmentfonds. Bereits beim ersten Pitch der Show machte Ensthaler ernst. Eine ehemalige Aufnahmeleiterin, die in der Pandemie ihren Job verloren hat, sucht ihr Glück jetzt in Scherben. Die Recycling-Vasen, die sie unter dem Label "The Way Up" (der stern hat die Produkte hier "getestet") vertreibt, sind echte Hingucker. Auch hochwertige, aus altem Parkett gefertigte Tische gehören zum Sortiment. Dazu ist jedes Produkt mit einer emotionalen Punchline versehen: Auf liebevoll gestalteten Schildern können die Kunden mehr über die Geschichte der wiederverwendeten Materialien erfahren. Janna Ensthaler war Fan – und ging für den Deal eine Kooperation mit Ralf Dümmel ein. Der wiederum war, wie so oft, komplett außer sich. "Du bist eine Maschine", überschüttete er die Altglas-Artistin mit Lob. "Ich habe fast Gänsehaut."

Janna Ensthaler hält Loblied auf Frauen

Auf derlei Elogen warteten die Gründerinnen von "NewMa" vergebens. Dabei ist ihr Thema nicht weniger emotional, im Gegenteil. Das Düsseldorfer Start-up will das Wochenbett für Mütter zu einem besseren Ort machen. Unter anderem mit einem Naturkosmetik-Bindenschaum und kühlenden Knickbinden. Doch die Löwen scheuten die Konfrontation mit den mächtigen Playern auf dem Hygieneartikelmarkt und entließen die "New Mamas" ohne Invest aus der Höhle. Dafür nutzte Janna Ensthaler den Pitch für eine spontane Laudatio auf das Frausein an sich. "Frauen sind Zauberwesen mit dem Zauberorgan Plazenta. Wir sind einzigartig in dem, was wir können." Ihr Neu-Kompagnon Dümmel war baff: "Das hast du sehr schön gesagt!"

Ein typischer Dümmel-Deal war die "Zaubertinte" des Familien-Start-ups "Deckenblitz". Mit ihren speziellen Markierstiften wollen zwei Brüder Heimwerkern dabei helfen, beim Streichen von Wänden und Decken nicht die Orientierung zu verlieren. Nette Jungs, aber nicht gerade eine Weltneuheit. Ähnlich unspektakulär ist die Produktidee von "Tada Ramen". Ein Wirtschaftsingenieur und eine Designerin haben sich zum Ziel gesetzt, die japanische Esskultur auch außerhalb der Metropolen erlebbar zu machen.

Ihre Fertig-Ramen-Suppen in drei Geschmacksrichtungen mundeten den Investoren ausgezeichnet. Vor allem Ralf Dümmel klapperte aufgeregt mit seinen Essstäbchen und machte sich hektisch Notizen. Doch auch Nils Glagau war interessiert. Glagaumäßig pirschte er sich an das Gründer-Duo heran. "Schönes Branding", begann er harmlos und präsentierte dann seinen slowkapitalistischen Gegenentwurf zur Alles-muss-raus-Mentalität seines Konkurrenten. Stichwort nachhaltiger Markenaufbau. Glagau erhielt tatsächlich den Zuschlag und wunderte sich am meisten darüber. Dümmel guckte stattdessen in die Röhre, völlig konsterniert und am Boden zerstört, wie immer, wenn er den Kürzeren zieht.

Ein Pfandsystem für Plastikverpackungen fällt durch

Richtig schlechte Vibes produzierte der letzte Pitch der Folge. Dabei hat "Circleback" das Potenzial, die Welt zu retten. Parallel zum Pfandsystem für Getränkeflaschen soll ein Rückgabesystem für Plastikverpackungen entstehen. Von 20 Cent Pfand pro Produkt ist die Rede. Doch das Ganze ist erst in der Pilotphase. Und die beiden Macher, nun ja, sind nicht unbedingt die Persönlichkeiten, denen man mal eben so 600.000 Euro für sparsame acht Prozent Anteile anvertrauen würde. Carsten Maschmeyer nannte die Gründer gar "Blender".

Mit jeder Minute wurde die Stimmung explosiver. Während Judith Williams und Janna Ensthaler noch Sachargumente anbrachten – Williams wies auf Solid Cosmetics hin, die gar keine Plastikverpackungen mehr benötigten, Ensthaler warb für biologisch abbaubare Plastikvarianten –, war Maschmeyer von vornherein auf Krawall gebürstet. "Ihr wollt an einem Megatrend mitverdienen", schleuderte er dem Duo entgegen, "aber selber könnt ihr nichts!" Sein vernichtendes Fazit: "Das Thema ist ein Hit, das Team 'ne Niete." Erst als die Weltretter bedröppelt die Bühne verlassen hatten, beruhigte er sich wieder. "Vielleicht war ich ein bisschen streng."

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