Montagskrimi im ZDF Mord in der Wohnsiedlung

Das ZDF zeigt den Krimi "Hinter blinden Fenstern" - feiner gesponnen und leiser gespielt als das meiste, was zu dieser Stunde geboten wird.

Hanns Zischler (62) verkörpert vielleicht den ungewöhnlichsten Kommissar im deutschen Fernsehen: Sein Polonius Fischer war neun Jahre Mönch, bevor er zur Polizei ging. An diesem Montag (1. Februar, 20.15 Uhr) löst er seinen zweiten Fall. Das ZDF zeigt den Krimi "Hinter blinden Fenstern" - feiner gesponnen und leiser gespielt als das meiste, was zu dieser Stunde geboten wird.

Fast der ganze Film spielt in einer denkmalgeschützten Wohnsiedlung in München, die Borstei, benannt nach dem Architekten Bernhard Borst (1883-1963). Als in den 20er Jahren ein Name für die neu geschaffene Anlage gesucht wurde, waren auch Borsts Wohnautomat und Borstelysium im Gespräch.

Der in sich geschlossene Komplex wirkt im Film beklemmend spießbürgerlich. Ein "Verein achtsamer Mitmenschen" führt Buch über die Bewegungen der Nachbarn. "Ich fand es unheimlich", sagt Zischler im dpa-Gespräch in Köln. "Das entscheidende Merkmal einer Großstadt ist die Anonymität, und die gibt es dort nicht." Auch der Regisseur Matti Geschonneck empfand die Wärme der gelb gestrichenen Fassaden als trügerisch: "Es hat eine große Bedrohung. Man tritt durch ein Tor in eine andere Welt."

Der Film geht zurück auf ein Buch des Münchener Krimiautors Friedrich Ani. Ihm muss man nur das Stichwort "München" geben, und schon bricht es aus ihm heraus: "Dieses verlogene Leuchten! Mich nervt dieses Bild, das die Stadt von sich selbst entwirft."

Der Ex-Mönch Polonius Fischer muss sich in der Borstei gleich mit mehreren Verbrechen befassen: Ein junges Mädchen verschwindet, eine Joggerin wird erstochen, ein Stadtstreicher liegt erschlagen in der Mülltonne. Ani wird nicht müde, die Drehbuchautorin Hannah Hollinger dafür zu rühmen, dass sie die verschatteten Randfiguren aus der Romanvorlage nicht herausgekürzt hat: "Unscheinbare Menschen in schlecht beleuchteten Zimmern" nennt er sie.

So glänzt Jürgen Tarrach in einer kleinen Rolle als verdächtigter Mieter. Die Nebenfiguren sind Ani wichtig, um die Welt vollständig zu machen. Was sie verbindet, ist ihre Vereinzelung. Und die durchweg gute Besetzung.

Schauspielerische Darstellungen katholischer Geistlicher kommen im Fernsehen meist nicht über Schwank-Niveau hinaus. Zischler ist eine Ausnahme. An das einstige Klosterdasein seines Kommissars erinnern weniger konkrete Sätze als seine Haltung, seine Bewegungen, die Rituale, die er daraus in sein neues Leben übernommen hat: "Er kann besser zuhören als andere Kommissare", sagt Zischler. "Er hat ein menschliches Einfühlungsvermögen durch seinen früheren priesterlichen Beruf."

Für Ani, der selbst eine katholische Bubenkindheit in Bayern verlebt hat, ist es die Ernsthaftigkeit, die Fischer ausmacht: "Wer sich mit dem Glauben auseinandergesetzt hat, ist natürlich ein ernsthafter Mensch." Kruzifix-Urteil hin oder her, über Fischers Arbeitsplatz in der Mordkommission hängt ein großes schweres Kreuz: Wie im Beichtstuhl wartet er dort auf Bekenntnisse. Allerdings kommen sie nicht so zügig, und der Bekenner wird anschließend auch nicht mit einem Vaterunser entlassen.

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