Mit "Boots" hat Netflix Anfang Oktober einen Überraschungshit gelandet: Die Serie über einen homosexuellen Teenager, der in den 90er-Jahren das berüchtigte Militär-Bootcamp absolviert, um US-Marine zu werden, begeistert das Publikum. Noch immer ist die Show weltweit gesehen auf Platz zwei der Netflix-Charts, in Deutschland belegt "Boots" seit Wochen sogar den vordersten Rang. Was viele nicht wissen: Das Comedydrama basiert auf den Memoiren "The Pink Marine" von US-Autor und Ex-Marine Greg Cope White.
Er war 1979, ähnlich wie Hauptfigur Cameron (Miles Heizer), spontan seinem besten Freund ins Bootcamp gefolgt. "Ich bin da hin, weil ich mich gefragt habe, wo mein Platz in dieser maskulinen Welt ist", sagte Cope White dem Magazin "Time". Um das herauszufinden, musste er sich nicht nur beim Fitnesstest einige Kilos schwerer mogeln, sondern auch bei der Verpflichtung über seine sexuelle Orientierung lügen. Damals war es Homosexuellen komplett untersagt, im US-Militär zu dienen. Anfang der 90er-Jahre trat die berühmte "Don't ask, don't tell"-Regelung in Kraft, die Homosexuelle im Militär tolerierte, solange diese nicht öffentlich darüber sprachen. Erst seit 2011 ist der Zugang offiziell für alle Menschen möglich.
Das Pentagon mag "Boots" nicht
"Boots" ist jedoch keine reine Dokumentation, Netflix orientierte sich lediglich an der Prämisse der Biografie, versetzte das Ganze dann in die 90er und fügte zahlreiche Nebencharaktere hinzu.
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Greg Cope White blieb im wahren Leben sechs Jahre beim Militär, verheimlichte dort seine sexuelle Orientierung die ganze Zeit – auch wenn er privat vor Familie und Freunden Anfang der 80er ein Coming-Out hatte. 1985 quittierte er seinen Dienst. Das Lügen wog zu schwer. "Das Marine Corps ist ein Ort, an dem man sein wahres Ich findet. Aber ich durfte mein wahres Ich nicht sein, und ich konnte einfach nicht weiter so falsch zu Menschen sein, die ich sehr bewundert und respektiert habe", sagte Cope White der BBC.
Mittlerweile hat "Boots" so viele Fans, dass sich sogar das Pentagon dazu geäußert hat. Als "woken Müll" hat eine Sprecherin die Militärserie bezeichnet. In den USA sorgt der harte Kurs von Verteidigungsminister Hegseth für Diskussionen. Er verbot unter anderem Trans-Personen, beim Militär zu dienen.
Vielleicht ist auch das ein Grund dafür, warum "Boots" gerade so einen Nerv trifft: Die Fragen nach Männlichkeit und Zugehörigkeit von Greg Cope White, sie wirken auch über 45 Jahre später noch aktuell. Bereut hat er seinen spontanen Entschluss von damals nie. "Ironischerweise hat mir das Marine Corps das Selbstvertrauen für mein Coming-Out gegeben. Ich kann heute überall hingehen und mit jedem sprechen, egal, ob freundlich oder feindselig. Das hab' ich von den Marines", sagt er.